Von anno 1607. Verzaichnus, was in der Röm. Kay. May. Kunstcammer gefunden worden ....
Daniel Fröschl (1563–1613)
1607

Die vorliegende Handschrift verzeichnet die Bestände der Kunstkammer Rudolfs II. in Prag. Als Verfasser wurde der Maler Daniel Fröschl (vor 1572–1613) identifiziert, der seit 1607 Nachfolger Ottavio Stradas (um 1550–1612) als kaiserlicher Antiquar war. Fröschl arbeitete im Auftrag des Kaisers Rudolf II. und hielt dessen Ideen in der 415 Seiten umfassenden Handschrift fest. Der eigentliche, die Sammlung gestaltende und prägende Autor war jedoch niemand anderer als der Kaiser selbst. Das Inventar wurde im Jahr 1607 erstellt, enthält aber Nachträge bis 1611 und wurde somit im Jahr vor dem Tod des Kaisers abgeschlossen. Zwei weitere bekannte Verzeichnisse der Kunstkammer datieren in die Jahre 1619 und 1621 und sind posthum entstanden. Als verschollen geltend, wurde das Inventar von 1607/11 nach dem Zweiten Weltkrieg von Gustav Wilhelm, 1940 bis 1975 Direktor der Sammlungen des regierenden Fürsten von Liechtenstein, in der fürstlichen Bibliothek entdeckt. Vermutlich handelt es sich dabei um ein Zweitexemplar, das Karl I. von Liechtenstein (1569–1627) in seiner Funktion als Obersthofmeister des Kaisers bei sich verwahrte und das nach seinem Tod der fürstlichen Bibliothek eingegliedert wurde. Durch die Auffindung des zu Lebzeiten des Kaisers entstandenen Inventars konnten die bis dahin geltenden Vorstellungen über Rudolf II. als Sammler in ein neues Licht gerückt werden. Hatte man ihn zuvor lediglich als Gemäldesammler geschätzt, so trat nun das Bild eines an allen Wissensgebieten interessierten Kaisers in den Vordergrund. Das Inventar lässt den Anspruch einer enzyklopädischen Kunstkammer auf höchstem Niveau erkennen und gliedert sich in die Gruppen der „naturalia“, „artificialia“ sowie „scientifica“. Die rudolfinische Kunstkammer, in drei aufeinander folgenden Räumen aufgestellt, war demnach ein Spiegel des Universums, ein Mikrokosmos, dessen Zentrum der Kaiser selbst war. Aus der Stellung des Kaisertums leitete Rudolf den Anspruch auf die edelsten und seltensten Gaben der Natur sowie auf die kostbarsten Schöpfungen des menschlichen Geistes ab, die sich in seiner persönlichen Kunstkammer wiederfinden sollten.
- Material/Technik
- Handschrift, Tinte auf Papier, gebunden in Pergament über Karton
- Masse
- 34,0 × 21,0 × 6,7 (geschlossen)
- Erwerb
- alter Familienbesitz
- Künstler/Beteiligte
- Daniel Fröschl
Ausst.-Kat. The Empire of Imagination and Science of Rudolf II, The Bunkamura Museum of Art, Masao Miyazawa, Aki Hirokawa, Tomoko Mitani, Shinsuke Niikura, Tomoko Nanao (Hg.), Fukuoka City Museum, Fukuoka 3. 11. 2017–24. 12. 2017; The Bunkamura City of Art, Tokyo 6. 1. 2018–11. 3. 2018; Sagawa Art Museum, Moriyama 21. 3. 2018–27. 5. 2018, erschienen Tokyo 2017, S. 158–159, Kat.-Nr. 112
Rotraud Bauer, Herbert Haupt (Hg.), Das Kunstkammerinventar Kaiser Rudolfs II.,1607–1611 (Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien), Bd. 72, Wien 1976, mit Transkription S. 1–140
Ausst.-Kat. Einzug der Künste in Böhmen. Malerei und Skulptur am Hof Kaiser Rudolfs II. in Prag, Johann Kräftner (Hg.), Liechtenstein Museum, Wien 20.11.2009–12.1.2010, erschienen Wien 2009
Daniel Fröschl (1563–1613), Von Anno 1607. Verzaichnus, was in der Röm. Kay. May. Kunstcammer gefunden worden ..., 1607