
Ignaz Elhafen war einer der größten Elfenbeinschnitzer der Zeit um 1700 und wird vor allem für seine skulpturalen Reliefs bewundert. Oftmals begnügte er sich damit, die Kompositionen dieser Arbeiten von bereits bestehenden Drucken zu übernehmen, die nicht selten selbst auf bekannten Gemälden basierten, doch nur durch eine sehr enge Auffassung von künstlerischer Originalität würde ihm dies vorgehalten werden. Was Elhafen zu einem so großen Künstler macht, ist seine transformierende Virtuosität, durch die seine schönsten Schnitzereien ihre Vorlagen mühelos übertreffen.
Im Falle dieses Tafelpaars, „Olympische Götterversammlung“ (SK510) und „Orpheus und Herkules in der Unterwelt“ (SK496), die sich aus stilistischen Gründen in die Frühzeit seiner Karriere datieren lassen und höchstwahrscheinlich in Wien ausgeführt wurden, konnten bislang keine Druckgrafikvorlagen identifiziert werden. Beide Szenen weisen ähnliche Kompositionen auf, mit einer ausgewählten Zahl großformatiger Figuren im Vordergrund vor der Kulisse eines dichten und beinahe klaustrophobischen Gedränges von Assistenzfiguren. In der ersten Tafel ist die bewaffnete Figur der Pallas Athene im Hintergrund zu erkennen, doch der Hauptfokus der erzählerischen Aufmerksamkeit liegt – von links nach rechts – auf Vulkan, dem Schmied der olympischen Götter (mit einem Hammer in der rechten Hand), seiner Frau Venus (die versucht, ihren Sohn Cupido unter Kontrolle zu halten) und ihrem Geliebten Mars, dem Gott des Krieges. Das zweite Relief zeigt sowohl Orpheus (mit seiner Leier) als auch Herkules (mit seiner Keule) in der Unterwelt, die von Pluto mit einem einköpfigen Zerberus beherrscht wird. Es ist nicht ersichtlich, welche der Frauen im Vordergrund als die jeweilige Geliebte – Eurydike und Alkestis – zu identifizieren ist, wobei es sich bei der Frau ganz links vermutlich um Erstere handelt, und bei der von hinten gezeigten Frau um Letztere.
- Material/Technik
- Elfenbein (Relief)
- Masse
- 12,5 × 17,8 × 4,0 cm
- Erwerb
- vermutlich erworben vor 1712 durch Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein
- Künstler/Beteiligte
- Ignaz Elhafen
- Inventarnummer
- SK 496
- Provenienz
- vermutlich erwähnt im Sammlungskatalog von Vincenzio Fanti 1767
- Ikonografie
- Herkules , Orpheus in der Unterwelt
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