
Basierend auf Ovids „Metamorphosen“ beschreibt Abraham Bloemaert in diesem Bild die Abgründe von Liebe und Eifersucht: Der Göttervater Jupiter sandte Merkur auf die Erde, um den Hirten Argus mit dem Klang seiner Flöte einzuschläfern und dann zu erschlagen. Jupiters himmlische Gemahlin Juno hatte diesen wegen seiner hundert Augen dazu auserwählt, die von Jupiter in eine Kuh verwandelte Geliebte Io zu bewachen. Nichts deutet auf die blutige Tat, die der Flöte spielende Merkur schon bald an dem ihm lauschenden Argus vollziehen wird. Er trägt das Gewand eines Hirten, und statt einer Waffe hat er den Hirtenstab hinter sich auf dem Boden liegen, zugleich auch den Heroldsstab, das Attribut des Götterboten. Argus scheint noch dem Spiel der Flöte hingegeben. Der rechte Arm, kraftlos zur Seite hängend, verrät den nahenden Schlaf. Zwar ist die von knorrigen Bäumen bewachsene Landschaft gebirgig und wild, doch hat die Szene einen eher bukolisch-beschaulichen Charakter. Auch Io, Jupiters Geliebte in Gestalt einer weissen Kuh, ruht friedlich im sonnenbeschienenen Gras. Argus wird als Verkörperung der menschlichen Vernunft interpretiert, die, von sinnlichen Reizen (Merkurs Flötenspiel) in Versuchung geführt, leicht vom Weg abkommen kann. Noch weitere Verbreitung als diese moralische Deutung des Mythos fand im deutschen Sprachgebrauch der allegorische Ausdruck „mit Argusaugen beobachten“ als Sinnbild für fortwährende, pausenlose Überwachung. Aufgrund ihrer ungewöhnlichen Komposition nimmt diese Landschaft eine Sonderstellung unter Bloemaerts letzten Landschaften ein. Der Hügel und die knorrigen Bäume werden durch den grossen Baum auf der linken Seite, die Fernsicht auf der gegenüberliegenden Seite und die Vordergrundmotive der Pflanzen und des toten Baumstamms bildlich eingerahmt.
- Material/Technik
- Öl auf Leinwand
- Masse
- 79 × 104 cm
- Erwerb
- erworben 1836 durch Fürst Johann I. von Liechtenstein
- Künstler/Beteiligte
- Abraham Bloemaert
- Inventarnummer
- GE 349
- Signatur/Bezeichnung
- bez. Mitte unten: A. Bloemaert f. 1645
- Provenienz
- erworben 1836 durch Fürst Johann I. von Liechtenstein
- Entstehungsort
- Holland
- Ikonografie
- Merkur, Argus und Io
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