
In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts war es alles andere als ungewöhnlich, dass Künstler aus dem Norden nach Italien reisten. Vor allem besuchten sie Rom, um dort die Überreste der klassischen Antike sowie aktuellere Errungenschaften, in erster Linie die Arbeiten von Michelangelo und Raffael, zu bewundern. Während seiner Zeit in Rom von 1532 bis 1536/37, erstellte Maerten van Heemskerck zahlreiche detaillierte Federzeichnungen der bedeutendsten Sammlungen antiker Skulpturen und schuf 1533 außerdem ein hervorragendes „Selbstporträt“ (Fitzwilliam Museum, Cambridge), in dem die von Blattwerk überwucherte Ruine des Kolosseums als Hintergrund für sein fesselndes bärtiges Bildnis dient.
Das vorliegende Gemälde, das signiert und mit 1547 datiert ist, ordnet das religiöse Thema ganz unverhohlen der monumentalen Umgebung unter. Diese besteht aus gigantischen klassischen Architekturfragmenten, zusammen mit riesigen, seltsam belebten skulpturalen Elementen, von denen der marmorne Tiber mit Romulus, Remus und der Wölfin auf der rechten Seite (direkt basierend auf dem Gegenstück am Kapitol) und die beschädigte Bronze von Herkules und Anthaeus auf der linken Seite die authentischsten sind, während die ägyptische Karyatide, ebenfalls links, zu den wohl fantastischsten Elementen gehört. Der Protagonist, der Eremit Hieronymus, ist halb bekleidet in Begleitung seines zahmen Löwen dargestellt. Er betrachtet eine Miniatur der Kreuzigung in einem Stundenbuch, die linke Hand ruht auf einem Schädel, in der rechten hält er einen Stein um sich mit diesem auf die Brust zu schlagen, am Boden neben ihm befindet sich eine weggelegte Peitsche. Im mittleren Bereich der Komposition erscheint Hieronimus erneut, jedoch in vollem Kardinalsornat – eine Referenz auf seine angebliche Tätigkeit als Kardinal in Rom von 382 bis 385 im Dienst Papst Damasus I. Neben dieser zweiten Darstellung des Heiligen zeigt Heemskerck auch eine Version der Geschichte aus der „Legenda aurea“, einer mittelalterlichen Zusammenstellung von religiösen Erzählungen. Dieser zufolge rettete der hier ebenfalls im Vordergrund gezeigte Löwe den Esel Hieronimus‘, der von Kaufleuten entführt wurde, die hier in verschiedene Richtungen flüchtend zu sehen sind. In den Fürstlichen Sammlungen findet sich auch eine damit in Zusammenhang stehende 1552 datierte Radierung (GR 2206) der gleichen Grundkomposition mit einigen kleinen Unterschieden. Signiert und datiert durch Hieronymus Cock unter dem Motiv des Löwen des Hieronymus, weist eine Inschrift auf dem Buch des Heiligen Heemskerck als den Urheber des Entwurfs aus.
- Material/Technik
- Öl auf Eichenholz
- Masse
- 105 × 161 cm
- Erwerb
- erworben 2006 durch Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein
- Derzeit ausgestellt
- Gartenpalais, Permanente Präsentation
- Künstler/Beteiligte
- Maerten van Heemskerck
- Inventarnummer
- GE 2404
- Signatur/Bezeichnung
- sign und dat. unten links: Martinus Heemskerck fecit 1547
- Provenienz
- erstmals erwähnt im Verzeichnis der Sammlung Schönborn-Buchheim von Johann Balthasar Gutwein 1746 (im Bilderzimmer, Nr. 10); 1896 dokumentiert in der Sammlung Schönborn-Buchheim in Georg Frimmel „Kleine Galeriestunden“ (Kat.-Nr. 11); Privatsammlung; erworben 2006 durch Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein
- Entstehungsort
- Holland
- Ikonografie
- Hl. Hieronymus , Ruinenlandschaft
Ch. Vitali, Markus Kersting, Ausst.-Kat. Barocke Sammellust. Die Sammlung Schönborn-Buchheim, Wolfratshausen 2003, S. 128, Abb. S. 129
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Ausst.-Kat. Neoclassicism and Biedermeier. Liechtenstein Museum Vienna, Stefan Körner, Johann Kräftner (Hg.), Liechtenstein Museum, Wien 29.3.2004–7.11.2004, erschienen München–Berlin–London–New York 2004, S. 48-51 u. 68, Kat. I.2
Ausst.-Kat. Klassizismus und Biedermeier. Liechtenstein Museum Wien, Stefan Körner, Johann Kräftner (Hg.), Liechtenstein Museum, Wien 29.3.2004–7.11.2004, erschienen München–Berlin–London–New York 2004, S. 48-51 u. 68, Kat. I.2
Ausst.-Kat. Traum vom Süden. Die Niederländer malen Italien, Renate Trnek (Hg.), Akademie der bildenden Künste, Wien 9.11.2007–9.3.2008, erschienen Ostfildern 2007, S. 34-35, 34 (Detailabb.), 36-37, Kat. 1
Ausst.-Kat. Der Blick in die Ferne. Landschaftsmalerei aus den Sammlungen des Fürsten von und zu Liechtenstein. 15. bis 19. Jahrhundert, Johann Kräftner, Alexandra Hanzl, Kathrine Klopf-Weiss, Liechtenstein Museum (Hg.), Kunstmuseum, Luzern, 9.8.2008–5.10.2008, erschienen Wien 2008, S. 31 u. 33, Abb. S. 35, Nr. 35
Ausst.-Kat. Der Fürst als Sammler. Neuerwerbungen unter Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein, Johann Kräftner (Hg.), Liechtenstein Museum, Wien 12.2.2010–24.8.2010, erschienen Wien 2010, S. 58–59, Kat.-Nr. 18, Abb. S. 216
Ausst.-Kat. Il Rinascimento a Roma. Nel segno di Michelangelo e Raffaello, Maria Grazia Bernardini, Marco Bussagli, Marcello Fagiolo, Maria Luisa Madonna u.a., Fondazione Roma Museo, Palazzo Sciarra, Roma 25.10.2011–12.02.2012, erschienen Milano 2011, Abb. 198, Kat. 81
Johann Kräftner, Die Schätze der Liechtenstein. Paläste, Gemälde, Skulpturen, Wien 2013, Abb. S. 256
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Ausst.-Kat. Faszination Rom. Maarten van Heemskerck zeichnet die Stadt, Christien Melzer, Tatjana Bartsch (Hg.), Kupferstichkabinett – Staatliche Museen zu Berlin, Berlin 26.4.–4.8.2024, erschienen München 2024, S. 302, Kat.-Nr. 59
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