Noch während der Rohbau seines Wiener Gartenpalais in der Rossau hochgezogen wurde, hatte Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein bei dem Bologneser Maler Marcantonio Franceschini zwei Gemäldefolgen bestellt, die zur Ausstattung zweier im Piano nobile des Wiener Gartenpalais Liechtenstein gelegenen Räume bestimmt waren. In einem Brief vom 4. September 1692, der die genauen Bedingungen des Auftrages enthält, bestimmte der Fürst, dass die Gemälde als Ersatz für Tapisserien die Säle vom Boden bis zur Decke vollständig auskleiden sollten. Damit waren verschiedene Formate – an die Decke zu versetzende Rundbilder, kolossale Gemälde im wandhohen Mass von nahezu fünf Metern, querrechteckige Supraporten sowie schmale Felder oberhalb der Fenster – erforderlich. Die umfangreichen Arbeiten an den beiden, insgesamt 26 Darstellungen umfassenden Gemäldezyklen zogen sich bis zum Jahr 1700 hin, als die letzten Bilder aus Bologna in Wien eintrafen und die Gesamtabrechnung erstellt wurde. Der Maler hatte bei der Wahl der Sujets nahezu freie Hand und entschied sich zu zyklischen Darstellungen des Diana-Mythos sowie der Geschichte von Venus und Adonis, zu der auch „Der Tod des Adonis“ sowie „Die Verwandlung des toten Adonis“ zu zählen sind.
Ohne auf die Warnungen von Venus, der römischen Göttin der Liebe, keine Keiler zu jagen, zu achten, verfolgte Adonis, Sinnbild der Schönheit, eines dieser Tiere und wurde von ihm angegriffen. Die schweren Verletzungen führten zu seinem Tode. In seinem Brief vom 12. November 1692 erwähnte Franceschini im Zusammenhang mit der umzusetzenden Erzählung „in der Ferne Schäfer, die fliehen.“ Als er das Bild malte, entschied er sich jedoch für einen fliehenden Putto, der aus dem Bild zu entschweben scheint. Es handelt sich bei diesem Gemälde, das über einer Tür angebracht werden sollte, um die vierte Episode der Geschichte des römischen Dichters Ovid (43 v. Chr. – 17 n. Chr.) von der wunderbaren Geburt des Adonis aus einem Baum, von der Liebe, welche die Göttin Venus dem Jüngling entgegenbrachte, und von seinem soeben beschriebenen Tod, der ihn auf der Jagd durch einen wilden Eber ereilte.
- Material/Technik
- Öl auf Leinwand
- Masse
- 175 × 210 cm
- Erwerb
- erworben 1692 durch Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein
- Künstler/Beteiligte
- Marcantonio Franceschini
- Inventarnummer
- GE 6
- Provenienz
- erworben 1692 durch Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein
- Ikonografie
- Adonis
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