Der „Raub der Sabinerinnen“ entstand wohl wie sein Gegenstück „Der Kampf der Römer gegen die Sabiner“ um 1700 und stellt eine Episode aus der römischen Geschichte dar: Romulus liess die Töchter der Sabiner unter einem Vorwand nach Rom locken und dort von seinen Soldaten rauben, um den Fortbestand der eben erst gegründeten Stadt zu sichern, denn die römischen Männer hatten keine heiratswilligen Frauen gefunden. Das Thema des Raubes wird im Wesentlichen anhand von fünf Figurenpaaren erzählt, die symmetrisch wie auf einer Bühne angeordnet sind. Einer Bewegungsstudie gleich wird dasselbe Motiv von verschiedenen Seiten gezeigt. Ricci wählte für das mittlere Paar Gian Lorenzo Berninis Marmorgruppe „Pluto und Proserpina“ (Rom, Galleria Borghese) als Vorbild. Durch die Variation des Motivs trat der Künstler bewusst in Konkurrenz zu der Vielansichtigkeit der Plastik. Seine klassische Kunstauffassung stellt die Schönheit der Pose über den realistischen Ausdruck des Schmerzes. Die Hilflosigkeit der Frauen wird in anmutige Gestik übersetzt, die in ihrer Übersteigerung an die manieristische Malerei des ausgehenden 16. Jahrhunderts anschliesst. In der leuchtenden Farbigkeit schlägt sich die Auseinandersetzung mit den Werken Paolo Veroneses nieder, die pastellige Aufhellung der Palette weist bereits auf das Rokoko voraus. Ricci setzte den Auftakt zur Entwicklung der venezianischen Malerei des 18. Jahrhunderts. Dort, wo der freie Pinselstrich skizzenhaft wird, ist er auch mit einem pastosen Farbauftrag verbunden.
- Material/Technik
- Öl auf Leinwand, undoubliert
- Masse
- 197 × 304 cm
- Erwerb
- erworben 1819 durch Fürst Johann I. von Liechtenstein
- Derzeit ausgestellt
- Gartenpalais, Permanente Präsentation
- Künstler/Beteiligte
- Sebastiano Ricci
- Inventarnummer
- GE 245
- Provenienz
- erworben 1819 durch Fürst Johann I. von Liechtenstein von Giovanni Querci della Rovere, Bergamo
- Ikonografie
- Der Raub der Sabinerinnen
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