Als eine der jüngsten Erwerbungen von Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein erweitert die Büste des Grossherzogs Ferdinando I. de’ Medici den Bestand von in Bronze gegossenen Herrscherporträts der Fürstlichen Sammlungen.
Als formale Bezugspunkte können Büsten Ferdinandos von Giambologna in Bronze und Marmor sowie die Reiterstandbilder gelten, die der Künstler als Hofbildhauer der Medici schuf und deren Umsetzung zu weiten Teilen Pietro Tacca überlassen worden war. Zwei Porträtbüsten von Ferdinando I. und seinem Vater Cosimo I., die heute im Bargello beziehungsweise in den Uffizien aufbewahrt werden, stellen die bedeutendsten Referenzen dar. In einem Übernahmeinventar von Objekten des Palazzo del Parione, des vormaligen Wohnsitzes von Don Giovanni de’ Medici (1567–1621), einem Halbbruder Ferdinandos, in den Haushalt der Grossherzoge wurden die Pendants 1622 geschätzt. Aus dem Dokument geht Pietro Tacca eindeutig als Urheber hervor.
1613 hatte dieser eine Büste Ferdinandos I. als persönliches Geschenk für die Tochter des Grossherzogs, Maria de’ Medici (1575–1642), nach Frankreich geschickt. Diese kann wahrscheinlich als die Porträtbüste des Metropolitan Museum in New York identifiziert werden, die der Version der Fürstlichen Sammlungen stilistisch nahekommt und wohl in etwa zeitgleich zu den Pendants für Giovanni de’ Medici entstanden ist. Sie stellt Ferdinando in jüngeren Jahren dar als die liechtensteinische Version und jene in Florenz.
Die Büste des Bargello gibt das Schema des ausgestellten Porträts recht genau wieder. Allerdings wurde sie nie vollendet und erfuhr kaum Nachbearbeitung. Dazu tritt die liechtensteinische Version mit ihren feinen Details und herausgearbeiteten Finessen der unterschiedlichen Texturen und Materialien in deutlichen Kontrast: Das Kreuz des von Cosimo I. gestifteten Stephansorden prangt auf der Brust des Dargestellten, der Harnisch ist mit reliefierten Trophäen verziert.
Für die Ausführung des Gesichtes Ferdinandos dürfte Tacca auf ein konkretes Wachsmodell Giambolognas zurückgegriffen haben. Ferdinando verstarb 1609, ein Jahr nach Giambologna und der Übernahme seiner Werkstatt durch Tacca, was diesem vermutlich nicht die Zeit einräumte, persönlich ein Modell vom Antlitz des Grossfürsten anzufertigen.
- Material/Technik
- Bronze, grüner Marmor
- Masse
- 77,0 cm
- Erwerb
- erworben 2022 durch Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein
- Künstler/Beteiligte
- Pietro Tacca
- Inventarnummer
- SK 1654
- Provenienz
- Sammlung John Fraser-Frisell; auf dem Erbweg an Marie Therese Elisabeth Bartholoni (geborene Fraser-Frisell), Genf; durch Erbweg im Familienbesitz, Lausanne; 2022 erworben durch Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein von Trinity Fine Art, London
- Entstehungsort
- Florenz
- Ikonografie
- Grossherzog Ferdinando de Medici (1549 – 1609)
Andrew Shortland, An assessment and reappraisal of analysis carried out on the bust of Ferdinando I de' Medici by Pietro Tacca, Trinity Fine Art (Hg.) o. J. (2022)
Trinity Fine Art (Hg.), Grand Duke Ferdinando I de' Medici (1549-1609) o. J. (2022)
Ausst.-Kat. Gegossen für die Ewigkeit. Die Bronzen der Fürsten von Liechtenstein. Eine Ausstellung in der Reihe MÄRZ IM PALAIS im Gartenpalais Liechtenstein, Alexandra Hanzl, Johann Kräftner, Katharina Leithner, Arthur Stögmann, Johann Kräftner (Hg.), Gartenpalais Liechtenstein, Wien 1.–31.3.2023, erschienen Wien 2023, S. 176–179, Kat.-Nr. 72