Büste der Anima Beata
Massimiliano Soldani-Benzi (1656–1740)
nach
Gian Lorenzo Bernini (1598–1680)
1705–07
Die marmornen Originale der „Anima Beata“ und der „Anima Dannata“ von Bernini, dem übermächtigen Barockgenie, sind um 1619 für seinen Gönner Monsignor Pedro de Foix Montoya für die Kirche San Giacomo degli Spagnoli in Rom entstanden. Sie befinden sich aktuell im Palazzo di Spagna, der spanischen Gesandtschaft beim Heiligen Stuhl, wo sie der Öffentlichkeit nicht so einfach zugänglich sind. Auch wenn sie deshalb unweigerlich weniger berühmt sind, als Arbeiten aus der gleichen Periode, wie etwa der „David oder Apollo und Daphne“, beide in der Villa Borghese, gehören sie zweifellos zu den ausdrucksstärksten und am feinsten gearbeiteten Frühwerken Berninis.
Es scheint begründet anzunehmen, dass Soldani Abgüsse beider Büsten besaß, die er während seiner Studienjahre in Rom erworben haben könnte. 1705 schlug er vor, Bronzen des Paares anzufertigen, die er als „cose di bellissima maniera“ (Dinge von der schönsten Art) beschrieb. Den dokumentarischen Aufzeichnungen zufolge, waren sie 1707 fertig gestellt. Es fällt schwer sich vorzustellen, dass sogar Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein, obwohl er zu diesem Zeitpunkt mit Soldanis bemerkenswerten Fähigkeiten als Bronzegießer bereits gut vertraut war, sich nicht besonders beeindruckt zeigte, als die Stücke in Wien ankamen. Es lässt sich nicht leugnen, dass der Charme der „Anima Beata“ (fromme Seele) einem modernen Blick recht süßlich erscheint und mit Sicherheit kein Vergleich ist zur hyperrealistischen physiognomischen Verzerrung der „Anima dannata“ (verdammten Seele). Wie dem auch sei, es sollte anerkannt werden, dass Soldani die Herausforderung, sich mit Bernini zu messen, keineswegs scheute, und dass er zudem Willens war bei bestimmten, wenn auch unbedeutenden Kleinigkeiten, seinen eigenen Weg zu gehen. So weist etwa die Rose, die sich in der Mitte der Blumengirlande von Soldanis „Anima beata“ befindet, ein komplexeres Blütenmuster auf, als das Vorbild Berninis.
Es war das Schicksal der „Anima dannata“, dass ihr im vergangenen Jahrhundert in der Geschichte der Sammlung eine interessantere Rolle zukam, als zu wünschen war. 1920 wurde sie verkauft, tauchte 1929 bei einer Auktion in Berlin auf, ehe sie viele Jahrzehnte lang spurlos verschwunden blieb. Der Wiedererwerb eines so großartigen verlorenen Schäfchens durch Prinz Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein im Jahr 1993 zählt zu den glücklichen Gelegenheiten in der jüngeren Geschichte der Sammlung.
- Material/Technik
- Bronze, originale rotgoldene Lackpatina, Sockel aus beigem Kalkstein
- Masse
- Bronze 39,5 × 27,8 × 23,5 cm, Sockel 21,0 × 21,0 × 15,5 cm, gesamt 60,0 × 27,5 × 23,5 cm
- Erwerb
- erworben 1707 durch Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein
- Derzeit ausgestellt
- Gartenpalais, Permanente Präsentation
- Künstler/Beteiligte
- Massimiliano Soldani-Benzi
- nach Gian Lorenzo Bernini
- Inventarnummer
- SK 516
- Provenienz
- 1705 vom Künstler Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein zusammen mit der Anima Dannata (Inv.-Nr. SK 517) als Thema für Bronzen vorgeschlagen; erworben 1707 durch Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein
- Entstehungsort
- Florenz
- Ikonografie
- Seelenzustände
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Carina A. E. Weißmann, Die Bronzen des Massimiliano Soldani Benzi (1656–1740). Repräsentationsstrategien des europäischen Adels um 1700 (Sammler, Sammlungen, Sammlungskulturen in Wien und Mitteleuropa/Forschungen aus dem Vienna Center for the History of Collecting), Sebastian Schütze (Hg.), Bd. 3, Berlin–Boston 2022, S. 380–385, Kat.-Nr. 9.2
Ausst.-Kat. Gegossen für die Ewigkeit. Die Bronzen der Fürsten von Liechtenstein. Eine Ausstellung in der Reihe MÄRZ IM PALAIS im Gartenpalais Liechtenstein, Alexandra Hanzl, Johann Kräftner, Katharina Leithner, Arthur Stögmann, Johann Kräftner (Hg.), Gartenpalais Liechtenstein, Wien 1.–31.3.2023, erschienen Wien 2023, S. 220–225, Kat.-Nr. 97