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1.3.2022 – 31.3.2022
Wien, Gartenpalais Liechtenstein, Damenappartements und Historische Bibliothek
Fürst Joseph Wenzel I. von Liechtenstein (1696–1772) war eine der prägenden Persönlichkeiten seiner Zeit und hat als Diplomat und Stratege die Geschichte Europas und des Fürstenhauses Liechtenstein nachhaltig geformt. Die Fürstlichen Sammlungen widmen ihm aus Anlass seines 250. Todestages am 10. Februar 2022 in den Damenappartements und der Historischen Bibliothek des Gartenpalais Liechtenstein eine Sonderausstellung. Sie ist Auftakt der neuen Sonderausstellungsreihe, für die das Gartenpalais jährlich im Frühjahr bei freiem Eintritt seine Tore öffnet.
Beeindruckende und berührend persönliche Briefe sowie Dokumente aus dem Fürstlichen Hausarchiv und Kunstwerke der Fürstlichen Sammlungen – einige davon sonst in Verwendung in den Privaträumen der Fürstenfamilie – skizzieren zusammen mit hochkarätigen Leihgaben das Lebensbild eines Zeitgenossen, der durch militärisches und diplomatisches Geschick das politische Geschehen in der Habsburgermonarchie und die Zukunft des Fürstenhauses Liechtenstein nachhaltig formte.
Fürst Joseph Wenzels I. vielfältigen diplomatischen wie militärischen Verbindungen auf den Bühnen Europas ermöglichten es ihm, dort während seiner Aufenthalte Meisterwerke zu beauftragen oder zu erwerben. In Paris betraute er während seiner Mission als Botschafter der Habsburgermonarchie (1738–1741) Hyacinthe Rigaud, Porträtmaler der französischen Königsfamilie, mit der Aufgabe, zwei Porträts, die sich bis heute in den Fürstlichen Sammlungen befinden, anzufertigen. Bei Jean Siméon Chardin erwarb er drei Genrebilder, ein viertes beauftragte er dann nach seiner Rückkehr nach Wien. Diese können nun erstmals seit ihrem Verkauf in den 1950er-Jahren als Leihgaben der National Gallery of Canada in Ottawa und der National Gallery in Washington, D.C. wieder zusammen in Wien gezeigt werden.
In Paris erwarb Joseph Wenzel I. auch zahlreiche Kunstkammerobjekte wie eine Serie von Emaillen mit der Darstellung des Trojanischen Krieges, Ausstattungsstücke und Bücher für seine umfangreiche Bibliothek. Bei Nicolas Pineau beauftragte der Fürst für seinen Einzug als Botschafter in Paris und Versailles im Jahr 1738 eines der qualitätsvollsten Beispiele des Pariser Wagenbaus des 18. Jahrhunderts, den Goldenen Wagen. Der Wagen sollte ihm auch 1760 für die Abholung und Begleitung der Braut des zukünftigen Kaisers Josephs II., Prinzessin Isabella von Parma, nach Wien dienen: ein Auftrag an Joseph Wenzel, der die Wertschätzung und das Vertrauen Maria Theresias von Österreich für den Feldherrn und Diplomaten zum Ausdruck bringt. Die Prunkkarosse zählt zu den wenigen Beispielen ihrer Art, die die französische Revolution überlebten. Sie ist Ausgangspunkt und zugleich eines der Highlights dieser Ausstellung in der Sala terrena.
Entdecken Sie den Goldenen Wagen in 3D
In Venedig erstand Joseph Wenzel I. im Atelier Canalettos mehrere Ansichten der Lagunenstadt, sowohl in kleinen als auch in monumentalen Formaten. Zwei dieser ursprünglich vier Grossformate, ebenfalls in den 1950er-Jahren verkauft und als die „Liechtenstein-Canalettos“ ein Begriff der Kunstgeschichtsschreibung, werden als Leihgaben des Museo Nacional Thyssen-Bornemisza in Madrid in der Ausstellung gezeigt. Begleitet werden sie von einer sehr frühen Ansicht des Markusplatzes und einer Ansicht des Eingangs zum Ghetto in Venedig, das eine schon vor längerer Zeit angekauft, das zweite als Rückkauf eines aus der Sammlung verkauften Bildes für die Sammlungen erworben.
Während eines Wien-Aufenthaltes Bernardo Bellottos, dem zweiten grossen Vertreter der venezianischen Vedutenmalerei, beauftragte Joseph Wenzel I. den Künstler mit zwei Ansichten des Gartenpalais in der Rossau. Sie entstanden 1758 und sind die schönsten, aber auch letzten bildlichen Zeugen des Barockgartens, kurz bevor er unmittelbar nach dem Tod des Fürsten Joseph Wenzel I. ab 1773 in den ersten Landschaftsgarten Wiens umgewandelt wurde. Diese Werkgruppe wird durch Veduten mit Ansichten von Pirna und der Festung Königstein aus Bellottos Dresdener Zeit ergänzt. Zwei dieser Gemälde wurden von den Fürstlichen Sammlungen in jüngster Zeit angekauft, zwei sind als Leihgaben aus Privatbesitz in der Ausstellung zu sehen.
Briefe und Dokumente zeugen von der sehr persönlichen Beziehung Joseph Wenzels I., dem „fürtrefflichen Bürger und wahren Freund“, wie Kaiserin Maria Theresia ihn bezeichnete, zu ihr selbst sowie zu Kaiser Joseph II., aber auch zum preussischen Kronprinzen, später König Friedrich der Grosse von Preussen. Das umfangreiche Porzellanservice mit dem persönlichen Wappen Joseph Wenzels I. ist ein kostbares Gastgeschenk Friedrichs an seinen „Cousin“, ihm verkaufte er auch die wohl kostbarste Antike, die sich je in einer Wiener Sammlung befunden hatte, den „Betenden Knaben“, ein griechisches Original aus der Zeit um 300 vor Christus. Joseph Wenzel I. hatte ihn von Prinz Eugen von Savoyen erworben, in der Ausstellung ist ein patinierter Gipsabguss zu sehen, der offensichtlich als „ricordo" in der Sammlung geblieben ist.
Die bedeutendste Bronze, die als Erwerbung Joseph Wenzels I. in der Sammlung verblieb, ist das erste Modell für die Reiterplastik Ferdinando I. de’ Medicis auf der Piazza della Santissima Annunziata, eine der raren von Giambologna auch signierten Bronzen.
Die zwei „Wächterfiguren“ „Apollo“ und „Minerva“, ursprünglich links und rechts der Brücke am Zugang zu Joseph Wenzels I. Schloss in Ebergassing gestanden, dokumentieren auf der einen Seite in den Medaillons die Beziehung des Fürsten zum österreichischen Kaiserhaus, auf der anderen sind sie die monumentalsten und schönsten Zeugen für die österreichische Rokokoplastik. Sie stammen aus der Hand des Jakob Gabriel Müller, genannt Mollinarolo, und sind in Blei-Zinn-Legierung gegossen, jenem Material, das auch Franz Xaver Messerschmidt für seine Plastiken am Savoyen’schen Damenstift und für die Büste Joseph Wenzels I. verwendete. Diese Büste ist der letzte bildliche Zeuge, der uns die beeindruckenden Gesichtszüge des Fürsten zeigt, in seinem letzten Lebensjahr oder vielleicht auch posthum entstanden.
Welchen Stellenwert der Fürst für das Kaiserhaus besessen hat, kann vielleicht das Monument beweisen, das für ihn schon zu Lebzeiten 1758 im Kaisersaal des K. K. Zeughauses in Wien errichtet worden war. Die Bronzebüste Balthasar Ferdinand Molls, als Leihgabe des Belvedere in der Ausstellung zu sehen, ist der letzte materielle Beweis dafür, nachdem das Gebäude in den Sechzigerjahren des 19. Jahrhunderts abgebrochen worden war.
Der Ausstellungskatalog ist auf der Website des Brandstätter-Verlages sowie im Shop der Hofkellerei (zu den Öffnungszeiten Dienstag–Samstag 12–19 Uhr) erhältlich.
Ebenfalls erhältlich ist der Ausstellungskatalog zur Sonderausstellung 2022 „GEGOSSEN FÜR DIE EWIGKEIT. Die Bronzen der Fürsten von Liechtenstein“.
TREUER FÜRST. Joseph Wenzel I. von Liechtenstein und seine Kunst: 38,– EUR.
GEGOSSEN FÜR DIE EWIGKEIT. Die Bronzen der Fürsten von Liechtenstein: 38,– EUR.
BUCHSET – beide Exemplare im 2er Set: 50,– EUR.
Die Kataloge sind ausschliesslich auf Deutsch erhältlich.
Zur Website des Brandstätter-Verlages
2024 erschien der Ausstellungskatalog „HERKULES DER KÜNSTE. Johann Adam Andreas I. und das Wien um 1700" in einer deutschen und einer englischen Ausgabe.
Erhältlich auf der Website des Hirmer Verlages und im Buchhandel sowie im Shop der Hofkellerei (zu den Öffnungszeiten Dienstag–Samstag 12–19 Uhr).
38,– EUR (D) / 39,10 EUR (A)
März im Palais
Die Sonderausstellung ist Auftakt der neuen Reihe MÄRZ IM PALAIS, die jährlich bei freiem Eintritt zu besuchen sein wird. Sie stellt einzelne Fürstenpersönlichkeiten, die Geschichte des fürstlichen Sammelns, Neuerwerbungen, Restaurierungsprojekte, einzelne Sammlungsschwerpunkte oder neue Zusammenhänge ins Zentrum. Führungen durch die Dauerausstellung in den Galerien des Piano nobile werden vom 1. bis 31. März in verstärktem Ausmass und bei reduzierten Eintrittspreisen angeboten. Nähere Informationen finden Sie hier.