RUBENS AND OTHER MASTERS. Paintings, Sculptures and Objects of the Prince of Liechtenstein
Sonderausstellung in Korea 2015/16
Nach zahlreichen Ausstellungsorten in Asien, wie etwa Tokyo, Kyoto, Kochi, Peking, Shanghai, Singapur und Taipeh gastieren die Fürstlichen Sammlungen mit dieser gross angelegten Schau nun erstmals auch in Korea in dessen bedeutendstem Museum, dem National Museum of Korea in Seoul.
125 ausgewählte Werke unterschiedlicher Genres, die von Gemälden, Grafiken, Skulpturen, Möbeln und Tapisserien bis zu Kunstkammerobjekten reichen, illustrieren die Vielfalt und Bandbreite der Sammlungen des Fürsten von und zu Liechtenstein und machen dem koreanischen Publikum noch nie gezeigte Künstler und europäische Kunstepochen zugänglich, darunter zahlreiche Vertreter der Flämischen Malerei. Pieter Brueghel der Jüngere, Jan Brueghel der Ältere, Anthonis van Dyck und Peter Paul Rubens sind hier im Mittelpunkt. Ihnen zur Seite stehen Gemälde zeitgenössischer holländischer und italienischer Barockkünstler, die den Besuchern einen direkten Vergleich der divergierenden Stile sowie einen Blick aus unterschiedlichen Perspektiven ermöglichen.
Im Speziellen fokussiert diese Ausstellung auf die Werke des Peter Paul Rubens, den „Maler der Fürsten und Malerfürsten“, der für die Familie Liechtenstein schon seit dem Erwerb des ersten Bildes, der „Himmelfahrt Mariens“, vor 1643 immer eine grosse Faszination ausgeübt hat. Mit 18 eigenhändigen Werken dieses Ausnahmekünstlers, ergänzt durch Gemälde seiner Schüler, vier Grafiken und zwei Tapisserien kann sein Oeuvre in noch nie dagewesener Dichte abgebildet werden. Das „Porträt der Clara Serena Rubens“, Rubens’ Tochter zeigend, ist eines der intimsten Zeugnisse im Werk dieses Malers. Mit dem „Decius Mus-Zyklus“, hier durch ausgewählte Bilder, Tapisserien und Grafiken präsent, konnte Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein der Sammlung einen weiteren Glanzpunkt aufsetzen, der uns Rubens von einer ganz anderen Seite zeigt: als Maler ausgereifter dramatischer Kompositionen des Barock, mit denen er Marksteine in der kunsthistorischen Entwicklung setzte. Nicht vergessen werden dürfen aber auch Gemälde wie etwa „Die Beweinung Christi“ sowie „Die Auffindung des Erichthoniusknaben“, die von der Dynamik des Barock in Rubens’ Malerei geprägt sind.
Um diesen Kern des Rubens-Bestandes schart sich eine Blütenlese früherer und späterer Meister, der Bogen spannt sich von Giuseppe Arcimboldos „Die Erde“, die sich ursprünglich im Besitz des Habsburgerkaisers Rudolf II. befunden hatte, bis zu Hans Makarts eindrucksvollem Gemälde „Tod der Kleopatra“, von Murillos intimer Darstellung der Gottesmutter Maria mit Jesuskind bis zu Canalettos wirklichkeitsgetreuen venezianischen Stadtveduten. Barockes Lebensgefühl transportieren die in höchster Feinheit und Präzision auf Kupferplatten gemalten Bilder des Südtirolers Johann Georg Platzer, biedermeierliche Stimmung und Lichtführung indessen das Gemälde „Wiederauferstehen zu neuem Leben“, des wohl grössten Meisters der Wiener Biedermeiermalerei, Ferdinand Georg Waldmüller.
Am Ende des Bestandes an Meisterwerken stehen damit zugleich die Glanzpunkte des Wiener Biedermeier, die eine Vorstellung davon geben können, was seit Frühjahr 2013 im damals neu eröffneten Stadtpalais Liechtenstein im Stadtzentrum von Wien in aller Fülle gezeigt wird. Hier soll stellvertretend für jene Werke das „Mädchen mit Strohhut“ von Friedrich von Amerling erwähnt werden, eine Ikone der Wiener Biedermeiermalerei, die den Bestand der Fürstlichen Sammlungen erst seit wenigen Jahren bereichert.
Mit bedeutenden dreidimensionalen Werken der Fürstlichen Sammlungen wird die Ausstellung in Seoul komplettiert. Die Kunstkammer des Hauses Liechtenstein geht wie die Sammlung selbst auf die Zeit nach 1600 zurück, als Fürst Karl I. als Palatin Kaiser Rudolfs II. auf der Prager Burg diesem auch im Bereich von Kunstkammerobjekten Konkurrenz machte. Schon früh entwickelte Karl ein Faible für geschnittene Steine, nach dem Tod Rudolfs 1612 konnte er dessen Prager Hofwerkstätten für seine eigene Sammelleidenschaft nutzen. Es entstanden vor allem viele kleine Bilder in Natursteinen („commessi di pietre dure“), die dann zum Teil um 1620 zu kostbaren Objekten zusammengesetzt wurden. Aus etwa der gleichen Zeit stammen auch die Platten aus Pietra Dura, die in Melchior Baumgartners Kabinettschrank circa 25 Jahre später verarbeitet wurden, auch dies ein Neuerwerb der Sammlungen aus jüngster Zeit.
In Karls Sohn Fürst Karl Eusebius I. setzte sich das Interesse an kostbaren Pretiosen nahtlos fort, er liess aus einem riesigen Rauchtopas, der in Böhmen gefunden worden war, den „Maienkrug“ mit seinem Wappen schneiden. Karl Eusebius’ Sohn, Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein, erwarb in der Folge wertvolle Elfenbeine, die sich nahtlos in die bestehende Sammlung einreihen konnten. Die Sammlungen nennen eine ganze Serie von Schlachtenszenen (antike Schlachten, Türkenkriege) des virtuosen Ignaz Elhafen ihr Eigen, das wichtigste hier gezeigte Stück ist aber zweifelsohne der von Matthias Rauchmiller geschaffene „Deckelhumpen“, eines der kostbarsten existenten Elfenbeine überhaupt und 1707 durch Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein für seine Sammlungen erworben. Dass auch heute das Interesse der Familie Liechtenstein für derartige Stücke ungebrochen ist, beweisen die Erwerbungen des Regierenden Fürsten Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein auf diesem Gebiet, die im Laufe der letzten zehn Jahre angekauft werden konnten. Erwähnung finden soll in diesem Zusammenhang darüber hinaus auch die umfassende und weltweit unvergleichliche Sammlung an Bronzen, von denen die vergoldete Kleinbronze von Andrea Mantegna, „Marsyas“ oder den „Heiligen Sebastian“ zeigend, an dieser Stelle herausgegriffen wird. Weitere Pretiosen können heute in den Fürstlichen Sammlungen die Entwicklung und den Aufstieg der Silberschmiedekunst in Augsburg, einem der grossen europäischen Zentren, lückenlos und mit absoluten Meisterwerken dokumentieren. Kostbare Möbel in Boulle-Marketerie, mit komplizierter Mechanik oder raffinierten Details sowie feinstes asiatisches Porzellan, gefasst in einer späteren Montierung des Wiener Silberschmiedes Ignaz Joseph Würth, zeugen darüber hinaus von Geschmack und Passion einer der bedeutendsten Adelsfamilien Europas hinsichtlich ihrer Sammeltätigkeit.