
Massimiliano Soldani-Benzi (1656–1740) nach Gian Lorenzo Bernini (1598–1680), Büste der Anima Dannata, 1705–07
GEGOSSEN FÜR DIE EWIGKEIT. Die Bronzen der Fürsten von Liechtenstein
Wien, Gartenpalais Liechtenstein
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1.3.2023 – 31.3.2023
Wien, Gartenpalais Liechtenstein
Die Fürstlichen Sammlungen beherbergen eine der weltweit kostbarsten Bronzesammlungen, die im Rahmen der Sonderausstellung im Gartenpalais Liechtenstein zu sehen ist. Meisterhafte Beispiele, wie die „Büste des Marc Aurel“ von Antico, die monumentale „Büste des Grossherzogs Ferdinando I. de’ Medici“ von Pietro Tacca oder Massimiliano Soldani-Benzis „Anima Dannata“ werden mit hochkarätigen internationalen Leihgaben ergänzt.
Seit 2022 findet im Gartenpalais Liechtenstein jährlich im Frühjahr eine Sonderausstellung statt. Die erste dieser Ausstellungen, „TREUER FÜRST – Joseph Wenzel und seine Kunst“, wurde bereits zum Publikumserfolg: Rund 24.000 BesucherInnen haben im März 2022 die Schau über Fürst Joseph Wenzel und seine Kunst besucht. Jährlich werden im Rahmen der Sonderausstellung Fürstenpersönlichkeiten, die Geschichte des Fürstlichen Sammelns, Neuerwerbungen, einzelne Sammlungsschwerpunkte oder neue Zusammenhänge ins Zentrum gestellt. Der Eintritt dazu ist frei.
Die Anfänge des Bronzegusses
Schon in den frühen Hochkulturen spielten Bildwerke aus Bronze eine bedeutende Rolle. In Griechenland und Rom erreichte die Bronzeplastik einen Höhepunkt, der auf das spätere abendländische Kunstschaffen, von der Romanik über die Renaissance und den Barock sowie darüberhinausgehend bis in das 19. Jahrhundert und in die Gegenwart, abfärbte.
Ausgehend von den technischen Leistungen des Glocken-, Mörser- und Kanonengusses entwickelte sich der figurale Bronzeguss. Die Errungenschaften auf diesem Gebiet sind in den monumentalen Portalen und in den grossen Taufbecken bedeutender Kathedralen der Romanik dokumentiert. Einen grandiosen Höhepunkt erreichte er in den Reliefs der Türflügel des Baptisteriums in Florenz und in den überlebensgrossen Einzelfiguren der Florentiner Renaissance sowie in den Kleinplastiken, die auch in den anderen Kunstzentren Italiens, wie etwa in Mailand, Padua und Rom, entstanden.
Der Erwerb erster Bronzeplastiken unter Fürst Karl I.
Die Fürsten von Liechtenstein setzten mit der Beauftragung beziehungsweise dem Erwerb wichtiger Bronzeplastiken bereits am Anfang des 17. Jahrhunderts einen ersten Paukenschlag, der ein Gradmesser für jede spätere Sammeltätigkeit sein sollte.
Fürst Karl I. wurde 1600 von Kaiser Rudolf II. zum Obersthofmeister und Vorsitzenden des „Geheimen Rates“ und damit zum Leiter der Regierungsgeschäfte auf seinem Regierungssitz, der Prager Burg, ernannt. Hier residierte der Kaiser bis zu seinem Tod im Jahr 1612. Als „Palatin“ war Karl I. auch für die Kunstsammlungen des Kaisers und die dort ansässigen Künstler verantwortlich. Er beauftragte bei einem der wichtigsten Künstler, Adrian de Fries, 1607 die Figur des „Christus im Elend“ und wenige Jahre später den ebenso monumentalen „Heiligen Sebastian“ (1613/14) für seine eigenen Sammlungen. Aus einem Briefwechsel Karls I. mit dem Kaiser von 1597 wissen wir, dass er bereits damals eine bedeutende Sammlung von „fürtrefflichen seltzamen Kunststucken und Gemälden“ besass.
Johann Kräftner
über Adrian de Fries
Bronzegüsse: „das geeignete Medium für einen Sammler im Norden“
Fürst Karl Eusebius I. von Liechtenstein, Nachfolger Fürst Karls I., setzte diese Ankaufs- und Sammeltätigkeit nahtlos fort und wies seinen „geliebten Sohn“ Johann Adam Andreas I. in einem ihm gewidmeten Traktat nicht nur an, Kunst als immerwährenden Beweis seiner eigenen und der Fähigkeiten des Fürstenhauses zu erwerben, sondern er betonte im Speziellen auch die Bedeutung von Bronzeplastiken, um dieses Ziel ewigen Ruhms zu erreichen. Karl Eusebius I. erwarb kleinformatige Reduktionen der monumentalen Steinfiguren von Giambologna in Florenz und andere Modelle des Künstlers in frühen Güssen von Antonio beziehungsweise Giovanni Francesco Susini. Denn griechische und römische Originale wären seiner Aussage gemäss für ihresgleichen ohnehin unerreichbar und den Päpsten und dem römischen Hochadel vorbehalten, Bronzegüsse jedoch das geeignete Medium für einen Sammler im Norden.
Kopien nach römischen Antiken und zeitgenössischen Vorbildern
Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein folgte weitgehend den Anweisungen seines Vaters und erhielt sogar die Erlaubnis der Medici, Kopien nach römischen Antiken aus ihrem Besitz in Florenz und Rom anfertigen zu lassen. „Kopist“ war dabei Massimiliano Soldani-Benzi, von dem der Fürst in einem ersten Auftrag Kopien der beiden Marmorskulpturen der Tribuna in den Uffizien, der „Venus Medici“ und des „Tanzenden Fauns“, erwarb. Aufträge für Kopien nach antiken Kaiserbüsten folgten, auch lieferte Soldani-Benzi Zeitnahes wie den „Bacchus“ nach Michelangelo oder Kopien der „Anima Beata“ und der „Anima Dannata“ nach den Originalen von Gian Lorenzo Bernini.
Sammeln in der Tradition der Vorgänger
Von nun an erwarben fast alle Fürsten von Liechtenstein bedeutende Bronzen. Durch Fürst Joseph Wenzel I. kam das erste Modell zur Reiterskulptur des Ferdinando I. de’ Medici in die Sammlungen, eines der raren signierten Werke Giambolognas. Anticos faszinierende „Büste eines Jünglings (Alexander der Grosse?)“ wurde vor 1807 für die Fürstlichen Sammlungen erworben. 1894 konnte Fürst Johann II. die monumentale und beeindruckend realistisch gestaltete „Büste eines Römers“ von Ludovico Lombardo den Sammlungen hinzufügen. Glücklicherweise blieb der Bestand von Bronzen durch die Verkäufe nach dem Zweiten Weltkrieg fast unangetastet, Verkäufe wie jener der „Anima Dannata“, zwischenzeitlich wieder zurückgekauft, waren die Ausnahme. Bronzen wurden in den 1950er-Jahren und darüber hinaus nicht so sehr geschätzt und hätten nicht viel Geld gebracht, eine Situation, die sich in der Zwischenzeit grundlegend gewandelt hat.
Bedeutende Erwerbungen durch Fürst Hans-Adam II.
Ein besonderes Faible für Bronzen zeigt der heute Regierende Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein, dem spektakuläre Erwerbungen gelungen sind, die die Bronzen-Sammlung mit ihrer Geschichte und Gegenwart zu einer der weltweit bedeutendsten weiterentwickelt haben. Andrea Mantegnas „Marsyas oder heiliger Sebastian“, Jacopo Sansovinos „Johannes der Täufer“, Anticos frühe reduzierte Version der „Laokoon-Gruppe“, sein „Herkules mit dem Löwenfell“, seine Reduktion des Monuments von Kaiser Marc Aurel auf dem Kapitol und vor allem die monumentale, feuervergoldete „Büste des Marc Aurel“ bilden Höhepunkte der Renaissancebronzen. Die Reihe monumentaler Herrscherporträts in Bronze setzt sich über die „Büste des Papstes Alexander VIII. Ottoboni“ von Domenico Guidi und die bernineske „Büste des Maximilian II. Emanuel, Kurfürst von Bayern“ von Guillielmus de Grof bis in das 18. Jahrhundert fort.
Die „bronze doré“
Schon von der Antike an sollte der Glanz solcher Bronzen den ewigen Ruhm des Dargestellten sicherstellen, von da setzt sich die Aura vergoldeter Bronze über mittelalterliche Werke bis zu den Appliken in „bronze doré“ italienischer oder französischer Möbel des Hochbarock fort. Eines der aufregendsten Beispiele dieses Einsatzes kostbarster Materialien ist das so genannte Badminton Cabinet, bekrönt von den schwer feuervergoldeten Allegorien der „Vier Jahreszeiten“ nach Entwürfen von Girolamo Ticciati, die letzten grossen Zeugen der Kultur der Bronzeplastik in Florenz. In der Ausstellung werden sie auf Augenhöhe mit den Besuchern und Besucherinnen zu sehen sein und belegen, dass sie nicht nur dekoratives Beiwerk sind, sondern auch als autonome Kunstwerke bestehen können. In das Kapitel der „bronze doré“ fallen auch die elegant-verspielten Cartel-Uhren des späten 18. Jahrhunderts, die nicht nur durch ihren Klang verzaubern, wenn sie die Stunde schlagen, sondern auch durch den Glanz ihres Ornaments.
Johann Kräftner
Bronzereliefs und weitere Glanzpunkte
Ein eigenes Kapitel der Ausstellung ist dem Bronzerelief gewidmet. Auch hier können die Sammlungen auf dem Gebiet früher Plaketten und Medaillen Substantielles aufweisen, darunter Antonio Pisanos Darstellung des Niccolò Piccinino oder Francesco di Giorgio Martinis „Der heilige Antonius Eremit“. Das Thema des Bronzereliefs in den Fürstlichen Sammlungen lässt sich ausgehend von Pierino Da Vincis (er war der Neffe Leonardos) Meisterwerk „Der Tod des Grafen Ugolino della Gherardesca und seiner Söhne“ bis zu den Beispielen des Florentiner Hochbarocks von Massimiliano Soldani-Benzi belegen. Unter den Werken Soldani-Benzis ist die von Fürst Hans-Adam II. erworbene Platte „Christus am Ölberg“ mit ihrer ausserordentlich schönen, fast golden schimmernden Florentiner Lackpatina zu erwähnen.
Leihgaben anderer Museen und Sammlungen
Bereichert wird dieser Bestand an Objekten der Fürstlichen Sammlungen durch erlesene „Gäste“ anderer Museen und Sammlungen, die in dem hochkarätigen Zusammenspiel weitere besondere Akzente und Glanzpunkte setzen.
Bronzeguss im Wachsausschmelzverfahren
© Victoria and Albert Museum, London

Der Ausstellungskatalog ist auf der Website des Brandstätter-Verlages sowie im Shop der Hofkellerei (zu den Öffnungszeiten Dienstag–Samstag 12–19 Uhr) erhältlich.
Ebenfalls erhältlich ist der Ausstellungskatalog zur Sonderausstellung 2022 „TREUER FÜRST. Joseph Wenzel I. von Liechtenstein und seine Kunst“.
GEGOSSEN FÜR DIE EWIGKEIT. Die Bronzen der Fürsten von Liechtenstein: 38,– EUR.
TREUER FÜRST. Joseph Wenzel I. von Liechtenstein und seine Kunst: 38,– EUR.
BUCHSET – beide Exemplare im 2er Set: 50,– EUR.
Die Kataloge sind ausschliesslich auf Deutsch erhältlich.
Zur Website des Brandstätter-Verlages
2024 erschien der Ausstellungskatalog „HERKULES DER KÜNSTE. Johann Adam Andreas I. und das Wien um 1700" in einer deutschen und einer englischen Ausgabe.
Erhältlich auf der Website des Hirmer Verlages und im Buchhandel sowie im Shop der Hofkellerei (zu den Öffnungszeiten Dienstag–Samstag 12–19 Uhr).
38,– EUR (D) / 39,10 EUR (A)
März im Palais
Die Sonderausstellung ist die zweite der Reihe MÄRZ IM PALAIS, die seit 2022 jährlich bei freiem Eintritt zu besuchen ist. Sie stellt einzelne Fürstenpersönlichkeiten, die Geschichte des fürstlichen Sammelns, Neuerwerbungen, Restaurierungsprojekte, einzelne Sammlungsschwerpunkte oder neue Zusammenhänge ins Zentrum. Führungen durch die Dauerausstellung in den Galerien des Piano nobile werden vom 1. bis 31. März in verstärktem Ausmass und bei reduzierten Eintrittspreisen angeboten. Nähere Informationen finden Sie hier.
