Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein
1657–1712

Anton Peter van Roy (1683—1738), Porträt des Fürsten Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein (1657—1712), um 1706

Vorgänger
Fürst Karl Eusebius I. von Liechtenstein
Nachfolger
Fürst Anton Florian I. von LiechtensteinFürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein reorganisierte die Verwaltung und sanierte die Finanzen des Fürstenhauses. Auf der dadurch geschaffenen soliden wirtschaftlichen Grundlage liess er als bedeutender Mäzen und Bauherr unter anderem die beiden prachtvollen Wiener Palais errichten, das Stadtpalais in der Bankgasse und das Gartenpalais in der Vorstadt Rossau. 1699 erwarb er die Reichsherrschaft Schellenberg und 1712 die Reichsgrafschaft Vaduz und legte somit den Grundstein für das zukünftige Reichsfürstentum Liechtenstein.
Johann Adam Andreas I . wurde am 30. November 1657 als einzig überlebender Sohn von Fürst Karl Eusebius I. und dessen Gattin Johanna Beatrix in Brünn geboren. Er war mit Gräfin Erdmunda von Dietrichstein (1652–1737) verheiratet. Sie hatten zwölf Kinder, jedoch keinen männlichen Nachfolger, der das Erwachsenenalter erreichte. Johann Adam Andreas I. starb am 16. Juni 1712 in seinem Gartenpalais in Wien.
Die Neuordnung der Verwaltung der Familiengüter durch Johann Adam Andreas I. zeichnete sich durch einschneidende personelle und wirtschaftliche Veränderungen aus. Der Erfolg gab den rigorosen Massnahmen recht. Durch die Sanierung der Finanzen wurden die Ausstände aus der Regierungszeit des Fürsten Karl Eusebius I. in kurzer Zeit beglichen und darüber hinaus ein so bedeutender Gewinn erwirtschaftet, dass der Fürst die Beinamen „der Reiche“ und „der österreichische Krösus“ erhielt.
Johann Adam Andreas I. reorganisierte die fürstliche Verwaltung und sanierte die Finanzen der Familie.
Das wirtschaftliche Talent des Fürsten blieb auch Kaiser Leopold I. nicht verborgen. Unter anderem wurde Johann Adam Andreas I. zum ersten Präsidenten der nach dem Konkurs des Finanzhauses Oppenheimer 1703 gegründeten Banco del Giro berufen, einer neuartigen Staatsbank, die vor allem die Finanzierung der kaiserlichen Feldzüge langfristig sichern sollte. Versuche, den Wirkungsbereich des Bankpräsidiums zu verringern, veranlassten den Fürsten jedoch, das Amt schon 1705 niederzulegen.
Mit dem Erwerb der Herrschaften Schellenberg und Vaduz in den Jahren 1699 und 1712 näherte sich das Fürstenhaus dem schon nahezu hundert Jahre lang verfolgten Ziel, Sitz und Stimme im Reichstag zu erlangen.
Der Fürst als Bauherr
Johann Adam Andreas I. war einer der bedeutendsten Mäzene und Bauherren seiner Zeit. Mit seinem Namen ist auch der Aufstieg des österreichischen Barocks verbunden. Durch den Sieg über die Osmanen 1683 war Raum für neue politische und wirtschaftliche Entwicklungen geschaffen worden. Kaum jemand wusste diesen Umstand besser auszunützen als der Fürst. An der Peripherie, auf den mährischen Besitzungen der Familie, wähnte man sich jedoch zunächst sicherer als in der gerade noch heiss umkämpften Hauptstadt. In Eisgrub (Lednice) setzte Johann Adam Andreas I. einen ersten entscheidenden Schritt mit dem Bau der monumentalen Stallanlage, grösser als das damals dort bestehende Schloss.
Johann Adam Andreas I. war einer der bedeutendsten Mäzene und Bauherren seiner Zeit.
In Wien beauftragte er in der Vorstadt Rossau das Gartenpalais als Zentrum einer ganzen Siedlung. In der Stadt selbst liess er den Bau des Stadtpalais zu Ende führen. In ihrer formalen Geschlossenheit wirkten beide Bauten als Vorbilder für die Palastarchitektur in Wien.



Vogelschau auf das Gartenpalais Liechtenstein in der Rossau und das Liechtenthal
1732
Salomon Kleiner (1700–1761)
© MAK Wien
Der Hof des Grossen Marstalles in Eisgrub
1819
Johann Baptist Dallinger von Dalling d. J. (1782–1868)
Die Kunst Italiens als Vorbild
Italienische Künstler, Architekten, Bildhauer und Freskanten, hielt Johann Adam Andreas I. bei der Durchführung seiner Bauprojekte für unersetzlich. Das Sammeln sowie die Beauftragung von Kunstwerken verzahnten sich dabei eng. Johann Bernhard Fischer von Erlach (1656–1723), Domenico Egidio Rossi (1659–1715) und Domenico Martinelli (1650–1719) sowie Johann Lucas von Hildebrandt (1668–1745) arbeiteten für ihn. Der Fürst gewann Marcantonio Franceschini (1648–1729) und Antonio Bellucci (1654–1726), die grossen Zyklen von Ölbildern für die Ausstattung der beiden Paläste in Wien zu schaffen.
Italienische Künstler, Architekten, Bildhauer und Freskanten, hielt Johann Adam Andreas I. bei der Durchführung seiner Bauprojekte für unersetzlich.





Apollo und Juno, begleitet von Flora, Ceres und Bacchus, sowie Personifikationen für Regen und Tau (Deckengemälde)
1706/09
Marcantonio Franceschini (1648–1729)
Apotheose des Herkules, Deckenfresko im Herkulessaal des Gartenpalais Liechtenstein
1704–1708
Andrea Pozzo (1642–1709)
Erstaunen über die erste Heldentat des Herkules, der die Schlangen der Juno erwürgt hat, Detail aus dem Deckenfresko im Herkulessaal des Gartenpalais Liechtenstein
1704–1708
Andrea Pozzo (1642–1709)
Einen wichtigen Beitrag leistete sein Cousin Anton Florian I. von Liechtenstein, der während seines Aufenthaltes als Botschafter des Kaiserhauses am päpstlichen Hof in Rom Kunstwerke nach Wien vermitteln und auch Künstler wie Andrea Pozzo (1642–1709) dazu veranlassen konnte, für das Fürstenhaus zu arbeiten. Dieser malte zwischen 1704 und 1708 das Deckenfresko im Herkulessaal des Gartenpalais mit seinem Himmel olympischer Götter und den kanonischen Taten des Herkules.
AUFTRÄGE FÜR SKULPTUREN
Eine bedeutende Rolle spielte Massimiliano Soldani-Benzi, der seit 1694 regelmässig Aufträge des Fürsten erhielt.
Auf dem Feld der Skulptur bediente sich der Fürst zwar von Anfang an des Italieners Giovanni Giuliani (1664–1744), sein Vertrauen in dessen kreatives Potential war jedoch begrenzt. Er stellte ihm wertvolle Bronzen der Sammlungen zur Verfügung und orderte Modelli von Giuseppe Maria Mazza (1653–1741), die Giuliani als Vorbilder für die Gartenskulpturen in der Rossau sowie für die Ausstattung des Stiegenhauses im Stadtpalais zu benutzen hatte.
Eine bedeutende Rolle spielte Massimiliano Soldani-Benzi (1656–1740), der auf Empfehlung von Marchese Clemente Vitelli, dem florentinischen Gesandten am päpstlichen Hof, seit 1694 regelmässig Aufträge des Fürsten erhielt. Er schuf für Johann Adam Andreas I. Kopien antiker Kunstwerke, wie die „Venus Medici“ oder den „Tanzenden Faun“, und später eine Serie nach antiken Kaiserbüsten. In der Folge kaufte der Fürst auch Kopien nach Meistern der Renaissance und des Barocks, wie Michelangelo (1475–1564) und Gian Lorenzo Bernini (1598–1680), und schliesslich mit einer Serie von Bronzereliefs auch eigene Schöpfungen Soldani-Benzis.









Büste des Vitellius Grimani ("Pseudo-Vitellius")
1695
Massimiliano Soldani-Benzi (1656–1740), nach der Antike
Bacchus
1695–1703
Massimiliano Soldani-Benzi (1656–1740)
nach Michelangelo Buonarroti (1475–1564)
Büste der Anima Dannata
1705–07
Massimiliano Soldani-Benzi (1656–1740)
nach Gian Lorenzo Bernini (1598–1680)
Flämische Malerei als Schwerpunkt der Erwerbungen
Johann Adam Andreas I. wusste für seine Erwerbungen den internationalen Kunsthandel zu nutzen und trug in kürzester Zeit eine der bedeutendsten Sammlungen flämischer Malerei zusammen. Vor allem Werke des Peter Paul Rubens (1577–1640) sowie des Anthonis van Dyck (1599–1641) standen im Mittelpunkt seiner Interessen. Der grosse "Decius-Mus"-Zyklus, den der Fürst ab 1692 zu erwerben trachtete und für den er sich auch schwer verschuldete, wurde unter dem Namen van Dyck angekauft. Schon lange und heute umso sicherer wissen wir, dass das Concetto zu diesem Zyklus von Rubens stammt, an dessen Umsetzung Jacques Jordaens (1593–1678) und der damals noch blutjunge Anthonis van Dyck im Atelier von Rubens intensiv mitgearbeitet haben.
Johann Adam Andreas I. wusste für seine Erwerbungen den internationalen Kunsthandel zu nutzen und trug in kürzester Zeit eine der bedeutendsten Sammlungen flämischer Malerei zusammen.










Decius Mus weiht sich dem Tod
1616/17
Entwurf Peter Paul Rubens (1577–1640)
Werkstatt Peter Paul Rubens (1577–1640)
Ausführung Anthonis van Dyck (1599–1641)
Ausführung Jan Wildens (1585–1653)
Porträt des Albert (1614–1657) und des Nikolaus (1618–1655) Rubens
1626/27
Peter Paul Rubens (1577–1640)
Porträt der Clara Serena Rubens, der Tochter des Künstlers (1611–1623)
um 1616
Peter Paul Rubens (1577–1640)
Zu den Erwerbungen von Johann Adam Andreas I. zählen Hauptwerke von Peter Paul Rubens, wie das Doppelporträt seiner beiden Söhne Albert und Nikolaus, das Porträt seiner Tochter Clara Serena und das Gemälde der Venus, die uns aus dem Spiegel entgegenblickt. Dazu kommen frühe Porträts sowie Werke mythologischen und religiösen Inhalts, welche die fürstliche Rubens-Sammlung auch heute noch zu einer der bedeutendsten weltweit machen. Ähnliches gilt für das Œuvre van Dycks in den Fürstlichen Sammlungen, die auch hier das Schaffen des Künstlers von frühen Bildnissen oder religiösen Werken wie "Der heilige Hieronymus" bis zu Porträts wie dem der Maria de Tassis umspannen. In ihren wichtigsten Teilen war die Sammlung des Fürsten ab 1705 im zweiten Piano nobile des Wiener Stadtpalais ausgestellt.
OBJEKTE DER FÜRSTLICHEN SAMMLUNGEN erworben durch