Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein ging nach Abschluss des Studiums der Betriebs- und Volkswirtschaft noch vor seinem Regierungsantritt daran, das durch die Ereignisse des Jahres 1945 zu 80 Prozent verlorene Vermögen der Familie zu sanieren. Er nahm später auch erfolgreich die Neuordnung des ererbten Kunstbesitzes in Angriff und konnte die Fürstlichen Sammlungen bis heute um mehr als 1.000 Objekte bereichern. In vielen Fällen war es dadurch möglich, die oft schmerzlichen Verluste durch Verkäufe der Nachkriegszeit zu kompensieren.
Hans-Adam II. wurde am 14. Februar 1945 in Zürich geboren. Seit dem 30. Juli 1967 war er mit Gräfin Marie Aglaë Kinsky von Wchinitz und Tettau (1940–2021) verheiratet. Das Paar hat vier Kinder, der Erstgeborene ist Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein (geb. 1968).
Für seinen Vater Fürst Franz Josef II. von und zu Liechtenstein (1906–1989) sollte der Taufname des Ältesten auch Programm sein. Er erinnert an den grossen Vorfahren Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein (1657–1712), „den Reichen“, wie er vom Volksmund genannt wurde. Beide wurden in eine Umbruchphase hineingeboren, der Ältere in die Epoche der Kriege gegen die Osmanen, der gegenwärtige Fürst in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, als es galt, von dem Vorhandenen möglichst viel zu erhalten und in der prekären finanziellen Situation einen Neuanfang zu suchen.
2004 übernahm Erbprinz Alois als Stellvertreter seines Vaters die Aufgaben des Staatsoberhauptes des Fürstentums Liechtenstein und er nimmt seit diesem Zeitpunkt in immer grösserem Umfang die Regierungsgeschäfte wahr.
NEUBEGINN
Nachdem Hans-Adam II. 1970 mit der Reorganisation der Verwaltung des Vermögens der Familie betraut worden war und 1984 auch die Regentschaft als dauernder Stellvertreter seines Vaters übernommen hatte, ist es ihm in erstaunlich kurzer Zeit gelungen, nach den Verlusten der böhmischen Besitzungen wieder ein solides und erfolgreiches Wirtschaften zu ermöglichen. Die grundlegende Sanierung der wirtschaftlichen Verhältnisse und die Reorganisation des gesamten Besitzes der Familie in Stiftungen waren schliesslich auch die Grundlage für die heutige Positionierung der Sammlungen.
Behutsam ging Hans-Adam II. gemeinsam mit Fürst Franz Josef II. an eine Neuordnung des Kunstbesitzes heran und führte mit den Entscheidungen, die er mit seinem Vater traf, einen Wendepunkt in der Sammlungspolitik herbei. In den 1970er- und 1980er-Jahren fanden damit zahlreiche wichtige Kunstwerke unterschiedlicher Gattungen Eingang in die Fürstlichen Sammlungen.
Die grundlegende Sanierung der wirtschaftlichen Verhältnisse und die Reorganisation des gesamten Besitzes der Familie in Stiftungen waren schliesslich auch die Grundlage für die heutige Positionierung der Sammlungen.
ZURÜCK AN DEN ALTEN GALERIESTANDORTEN
Eine wichtige Etappe in der Rückkehr in das öffentliche Bewusstsein und die Museumswelt erfolgte mit der Wiedereröffnung des Gartenpalais Liechtenstein als LIECHTENSTEIN MUSEUM im März 2004 in Form einer Präsentation von Werken der Spätgotik bis zum Barock. Seither ist eine Auswahl von wichtigen Kunstwerken dieser Epochen hier dauerhaft ausgestellt und zu besichtigen.
Der Öffentlichkeit soll möglichst viel von den Sammlungsbeständen präsentiert werden, sei es durch Wechsel in der permanenten Präsentation in den beiden Palais in Wien oder in weltweit stattfindenden Sonderausstellungen.
Im Stadtpalais in der Bankgasse wird seit dem Frühjahr 2013 die Kunst des Klassizismus und des Biedermeier, teils in den vom Ende der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erhaltenen, aufwendig ausgestatteten Period-Rooms, gezeigt. Beide Palais liess Hans-Adam II. umfassend restaurieren. Man möchte der Öffentlichkeit möglichst viel von den Sammlungsbeständen präsentieren, sei es durch Wechsel in der permanenten Präsentation in den beiden Palais in Wien oder in Sonderausstellungen, die in bedeutenden Museen Europas, Asiens und Amerikas gezeigt werden konnten.
ZURÜCKFÜHRUNG VON KUNSTWERKEN AUS DEM EINSTIGEN BESTAND
Hans-Adam II. war auf der einen Seite bemüht, den vorhandenen Bestand durch Verkäufe von unbedeutenden Kunstwerken und Gebrauchsgegenständen zu konsolidieren, und auf der anderen Seite, die Sammlungen durch substanzielle Neuerwerbungen zu bereichern. Letztere drücken so manchem Sammlungsgebiet heute ihren Stempel auf. Von elementarer Bedeutung ist auch die Sorgfalt, die dem Thema Restaurierungen gewidmet wird.
Wo es möglich ist, versucht der regierende Fürst, qualitätsvolle Stücke, die in der Nachkriegszeit verkauft wurden, zurückzuerwerben. Viele Kunstwerke, wie etwa der äusserst seltene, um 1715 entstandene Tapisserien-Zyklus der Grossmogul-Serie aus der Berliner Manufaktur des Jean Barraband II. (1677–1725), konnten auf diese Weise wieder in die Sammlungen integriert werden.
Wo es möglich ist, versucht der regierende Fürst, qualitätsvolle Stücke, die in der Nachkriegszeit verkauft wurden, zurückzuerwerben.
ERWEITERUNG, STÄRKUNG UND VERTIEFUNG DER SAMMLUNG
Die Sammlungen sollen in ihren Stärken durch Zukäufe höchster Qualität und durch Neuerwerbungen auf Gebieten, die nur dünn oder gar nicht besetzt sind, in ihrem Profil klarer definiert oder erweitert werden. Im Fokus steht dabei die europäische Kunst vom 14. bis zum letzten Viertel des 19. Jahrhunderts.
Die Sammlungen sollen durch Erwerbungen höchster Qualität in ihrem Profil klarer definiert oder erweitert werden.
Der erste Ankauf, für den sich Hans-Adam II noch während der Regierungszeit seines Vaters Franz Josef II. einsetzte, war Peter Paul Rubens’ Skizze zu „Mars und Rhea Silvia“. Mit seinen Erwerbungen als regierender Fürst bereicherte Hans-Adam II. die Sammlungen mit zahlreichen wichtigen Werken wie Gemälden von Giovanni Battista Moroni, Quentin Massys, Frans Hals, Jean Valentin de Boulogne, Francesco Hayez oder Hans Makart.
In den erworbenen Bronzeskulpturen äussert sich das grosse Interesse sowie die Kennerschaft des Fürsten in diesem Bereich, auf den er besonderes Gewicht legt – ganz in der Familientradition stehend.
Bei den Skulpturen erstrecken sich die Neuerwerbungen von Andrea Mantegna, Jacopo Sansovino oder Alessandro Algardi bis zu Jakob Gabriel Müller (genannt Mollinarolo) und Franz Xaver Messerschmidt. Der Bestand an Bronzen des grossen frühen Meisters der Renaissance, Pier Jacopo Alari-Bonacolsi (gen. Antico, 1455–1528), konnte durch Hans-Adam II. mit der „Reiterstatuette des Marc Aurel“, dem „Laokoon“, dem „Herkules“ und der monumentalen Büste Marc Aurels um entscheidende Stücke bereichert werden. Nicht zuletzt in diesen Erwerbungen äussert sich das grosse Interesse des Fürsten an der Bronzeskulptur sowie seine Kennerschaft in diesem Bereich, auf den er besonderes Gewicht legt – ganz in der Familientradition stehend.
Auf dem Gebiet der Biedermeiermalerei wurden die Lücken, die die grosszügigen Schenkungen Fürst Johanns II. von Liechtenstein an andere Galerien und Museen in die Sammlungen gerissen hatten, wieder geschlossen. Hauptwerke von Ferdinand Georg Waldmüller, Friedrich von Amerling oder Peter Fendi definieren mit den Aquarellen, Porzellanen und Möbeln der Zeit eine der qualitativ hochwertigsten und umfassendsten Sammlungen der Kunst dieser Epoche.
Der Bestand an Möbeln wurde durch ausgesuchte Stücke von Ebenisten und andere Meisterwerke erweitert und in seiner Qualität aufgewertet. Boulle-Objekte aus Pariser und Wiener Werkstätten, das „Badminton Cabinet“ sowie Roentgen-Möbel prägen heute das Erscheinungsbild der Sammlungen in dieser Gattung. Auf dem Gebiet der Porzellane bereicherte Hans-Adam II. die Sammlung wiederum um wichtige Werke von Du Paquier und der Ära Sorgenthal in Wien sowie der Manufaktur Ginori aus Doccia bei Florenz.
Auf dem Gebiet der Biedermeiermalerei wurden die Lücken, die die grosszügigen Schenkungen Fürst Johanns II. an andere Galerien und Museen in die Sammlungen gerissen hatten, wieder geschlossen.
Der Katalog zur Ausstellung „Der Fürst als Sammler“ des LIECHTENSTEIN MUSEUM 2010 über die Erwerbungen des Fürsten umfasste 802 Nummern auf den Gebieten von Gemälden, Grafiken, Skulpturen, Möbeln, Porzellanen, Waffen und anderen Kunstgattungen, eine Zahl, die in den letzten Jahren noch stark gewachsen ist.