Fürst Franz Josef I. von Liechtenstein
1726–1781

Alexander Roslin (1718–1793), Porträt des Fürsten Franz Josef I. von Liechtenstein (1726–1781), 1778

Vorgänger
Fürst Joseph Wenzel I. von Liechtenstein
Nachfolger
Fürst Alois I. von LiechtensteinFürst Franz Josef I. von Liechtenstein konnte den Besitzstand des Majorats 1772 um das Erbe von Herzogin Maria Theresia von Savoyen, der Erbin eines wichtigen Teils des Vermögens von Fürst Johann Adam Andreas I., vermehren. Mit der Umwandlung des Barockgartens in der Rossau in einen Landschaftsgarten nahm er ein Thema auf, an dem seine beiden nachfolgenden Söhne intensiv weiterarbeiten sollten.
Franz Josef I. wurde am 19. November 1726 als Sohn des Fürsten Emanuel (1700–1771) und seiner Gattin Maria Antonia von Liechtenstein, geborene von Dietrichstein-Weichselstädt (1706–1777), in Mailand geboren. Er war seit dem 6. Juli 1750 mit Gräfin Maria Leopoldine von Sternberg (1723–1809) verheiratet, mit der er acht Kinder hatte, darunter seine Nachfolger Alois I. (1759–1805) und Johann I. (1760–1836). Franz Josef I. starb am 18. August 1781 in Metz.
Fürst Joseph Wenzel I. von Liechtenstein förderte seinen Neffen Franz Josef I. umfassend. Als 20-Jähriger kämpfte er an dessen Seite in der für die Österreicher siegreichen Schlacht bei Piacenza. 1760 reiste er mit dem Fürsten nach Parma, um Prinzessin Isabella als Braut Erzherzogs Josephs nach Wien zu geleiten. Nach der Übernahme des Majorats 1772 widmete er sich der Verwaltung seiner umfangreichen Güter, die sich durch die Übernahme der Verlassenschaft von Herzogin Maria Theresia von Savoyen, einer Tochter Fürst Johann Adam Andreas’ I. von Liechtenstein (1657–1712) und dessen alleinige Erbin, beträchtlich vergrössert hatten.
NEUORDNUNG UND KATALOGISIERUNG DER FÜRSTLICHEN GALERIE
Stets von den Leistungen seines Vorgängers, aber auch von denen seines Sohnes, des Fürsten Alois I. (1759–1805), in den Hintergrund gedrängt, ist bis heute nur wenig von dem bekannt, was Franz Josef I. mit seinem Engagement auf dem Gebiet der Künste leistete und welche entscheidenden Akzente er in den Sammlungen setzte. Im Majoratshaus in der Bankgasse, dem heutigen Stadtpalais Liechtenstein, liess er das erste Piano nobile (Obergeschoss) vollständig erneuern. Kurz vor seinem Regierungsantritt hatte er sich dort unter grossem Aufwand ein dem Erbprinzen des Hauses standesgemässes Appartement einrichten und auch das barocke Haupttreppenhaus modifizieren lassen. Das Nebeneinander der Majoratsgalerie in der Bankgasse, die seit Johann Adam Andreas I. dort eingerichtet war, und der Sammlungen im Palais in der Herrengasse, dessen Vorgängerbau sich bereits seit dem 15. Jahrhundert im Besitz der Familie befand, wurde unter seiner Regentschaft noch für einige Zeit aufrechterhalten. Immer wieder wurden jedoch Bilder in die Bankgasse überführt, sodass es notwendig wurde, den 1767 erschienenen Katalog Vincenzio Fantis (1719–1776), den Fürst Joseph Wenzel I. initiiert hatte, zu überarbeiten und 1780 neu aufzulegen.
Der Galerie-Katalog des Galerieinspektors Johann Dallinger von Dalling nähert sich in seinem Aufbau bereits heutigen Verzeichnissen.
Franz Josef I. fügte den Ausstellungsräumen in der Bankgasse einen weiteren Saal hinzu, in den er die 19 Bilder des Diana-Zyklus Marcantonio Franceschinis, die bis dahin im Gartenpalais in der Rossau hingen, transferierte. Die Neukatalogisierung der Galerie übernahm der seit 1776 tätige Galerieinspektor Johann Dallinger von Dalling (1741–1806). Der Katalog wurde vom Bibliothekar des Fürsten, dem aus Königgrätz (Hradec Králové) stammenden Abbé Valentin Lucchini, ins Französische übersetzt (die einzige Sprache, in der er auch erschien) und bei Trattner in Wien verlegt. Dallingers Katalog nähert sich in seinem Aufbau bereits heutigen Verzeichnissen. Neben der Angabe des Bildträgers, oft hilfreich für die Identifizierung eines Kunstwerks, erfolgte eine Beschreibung der Objekte. Jene 183 Bilder, die Franz Josef I. neu in die Majoratsgalerie hatte hängen lassen, versah Dallinger mit einem Sternchen.
AUFTRAGSWERKE AN MALER UND SILBERSCHMIEDE
Auf Franz Josef I. geht mit hoher Wahrscheinlichkeit der Erwerb zahlreicher ostasiatischer Porzellane aus China und Japan zurück, die von dem Wiener Silberschmied Ignaz Joseph Würth in vielfältiger Weise montiert wurden.
Wie schon sein Vorgänger liess sich Fürst Franz Josef I. nicht von Unbekannten porträtieren, sondern von einem der besten Künstler dieses Fachs, Alexander Roslin (1718–1793). Ein weiterer wichtiger Auftrag umfasste acht Porträts der Familie, die 1776 vom Schweizer Maler Friedrich Oelenhainz (1745–1804) für die Ahnengalerie in Schloss Eisgrub (Lednice) geschaffen wurden. In den hierin wiedergegebenen barocken Gartenlandschaften sowie klassizistisch anmutenden Gartenarchitekturen zeigt sich das Spannungsfeld zwischen Tradition und Hinwendung zu Neuem, in dem der Fürst agierte und in dem auch seine Kinder aufwuchsen.





Porträt des späteren Fürsten Alois I. von Liechtenstein (1759–1805)
1776
Friedrich Oelenhainz (1745–1804)
Porträt des späteren Fürsten Johann I. von Liechtenstein (1760–1836)
1776
Friedrich Oelenhainz (1745–1804)
Grosser Teller mit Gartenmotiv
Qing-Dynastie (1644–1912), Qianlong-Periode (1736–1795), Montierung: 1775/85
Jingdezhen, Qing-Dynastie (1644–1912), Qianlong-Periode (1736–1795), Montierung: 1775/85
Montierung: Ignaz Joseph Würth (1742–1792), zugeschrieben
Kleine Deckelvase mit Henkeln
Edo-Periode (1603–1868), 1690/1710, Montierung: 1775/85, Figur: spätere Ergänzung
Arita, Edo-Periode (1603–1868), 1690/1710, Montierung: 1775/85, Figur: spätere Ergänzung
Montierung: Ignaz Joseph Würth (1742–1792), zugeschrieben
Auf Franz Josef I. geht mit hoher Wahrscheinlichkeit der Erwerb zahlreicher ostasiatischer Porzellane aus China und Japan zurück, die von dem Wiener Silberschmied Ignaz Joseph Würth (1742–1792) in vielfältiger Weise montiert (d. h. mit Metallfassungen geschmückt) wurden. Manche dieser Montierungen stellen selbst das, was die grossen Meister der Gold- und Silberschmiedekunst zur gleichen Zeit in Paris produzierten, in den Schatten.
DIE IDEE DES LANDSCHAFTSGARTENS
Schon 1773 hatte der Fürst auch auf einem anderen Gebiet eine Entscheidung von grosser Tragweite getroffen: Er initiierte die ersten Verkäufe der Barockskulpturen von Giovanni Giuliani (1664–1744) aus dem Garten des Palais in der Vorstadt Rossau in Wien. Der Fürst verabschiedete sich vom Konzept des Barockgartens und liess diesen in einen englischen Landschaftsgarten umwandeln. Er wurde dabei wahrscheinlich von einem engen Freund der Familie, Graf Moritz Lacy, beeinflusst, der seinen Garten in Neuwaldegg (damals nahe Wien) ab 1776 ebenfalls in einen Landschaftspark umgestaltete.
Franz Josef I. wurde damit zum Pionier einer Entwicklung in Wien, die an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert von seinen Söhnen Alois I. und Johann I. erfolgreich fortgesetzt wurde und im Bereich von Eisgrub (Lednice) und Feldsberg (Valtice) zur Anlage des damals grössten Landschaftsgartens in Mitteleuropa führte.





Plan des Gartenpalais und Gartens in der Rossau, aus: Viererley Vorstellungen (...), Nr. 17
gezeichnet 1731/32, Stich erstmals publiziert 1735/37
Salomon Kleiner (1700 oder 1703–1761)
Johann Bernhard Hattinger (dok. 1702 und 1725)
Verlag: Johann Andreas Pfeffel (1674–1748)
Philipp Prohaska, Plan zur Umgestaltung des Gartens des Palais Liechtenstein in der Rossau als Englischer Garten, um 1801
Das Gartenpalais des Fürsten von Liechtenstein in Wien mit dem Englischen Garten
1779/98
Laurenz Janscha (1749–1812)
Johann Ziegler (1749–1802)
Ansicht von Schloss Eisgrub vor dem neugotischen Umbau
um 1830
Rudolf von Alt (1812–1905)
Der Fürst verabschiedete sich vom Konzept des Barockgartens beim Gartenpalais Liechtenstein und liess diesen in einen englischen Landschaftsgarten umwandeln.
Auch in den Residenzschlössern Eisgrub und Feldsberg war Franz Josef I. für einschneidende Umbauten verantwortlich. Sein Architekt war wie schon im Palais in der Bankgasse Isidore Canevale (1730–1786), ein aus Frankreich stammender Baukünstler, der auch am Wiener Hof hoch angesehen war und dort wichtige Projekte – die Alte Universität und den Bau des Josephinums – durchführte. Canevale ist ein Beispiel für die Dominanz des französischen Geschmacks in Wien zu dieser Zeit. Erst in der nächsten Generation sollten heimische Kräfte allmählich die Oberhand gewinnen. Während es in Feldsberg bei geringfügigen Adaptierungen blieb, wurde das Schloss in Eisgrub aufgestockt und vollkommen erneuert. Sein Aussehen ist uns in einem Aquarell von Rudolf von Alt (1812–1905) überliefert, das sein Äusseres noch vor der durchgreifenden Umwandlung im Sinne der Neogotik zeigt.
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