Fürst Anton Florian I. von Liechtenstein
1656–1721

Ludwig David (1648–1709); Alois Gomier (1713–1730), Porträt des Fürsten Anton Florian I. von Liechtenstein (1656–1721), 1694
Fürst Anton Florian I. von Liechtenstein war der Erzieher des späteren Kaisers Karl VI. und begleitete ihn als Obersthofmeister und Erster Minister ab 1703 in den Spanischen Erbfolgekrieg. Seinem politischen Einfluss am Kaiserhof ist es zu verdanken, dass Karl VI. 1719 die Grafschaft Vaduz und die Herrschaft Schellenberg zum Reichsfürstentum Liechtenstein erhob.
Anton Florian I. wurde am 28. Mai 1656 als 15. Kind von Fürst Hartmann I. (1613–1686) und seiner Gattin Sidonie Elisabeth Anna, geborene zu Salm-Reifferscheidt (1623–1688), in Wilfersdorf geboren. Er war seit dem 15. Oktober 1679 mit Gräfin Barbara von Thun und Hohenstein (1661–1723) verheiratet. Das Paar hatte 15 Kinder, darunter Anton Florians Nachfolger Josef Johann Adam I. Anton Florian I. starb am 11. Oktober 1721 in Wien.
Mit Anton Florian I. gelangte die auf den Bruder seines Vorgängers Karl I. zurückgehende Gundakarische Linie an die Regierung, die bis zum heutigen Tag Bestand hat. Er erwarb 1713 Sitz und Stimme im Reichsfürstenrat, zunächst nur für sich selbst. Auf sein Ersuchen erhob Kaiser Karl VI. Vaduz und Schellenberg am 23. Jänner 1719 zum Reichsfürstentum Liechtenstein. Seinem Sohn Josef Johann Adam I. (1690–1732) gelang es schliesslich 1723, die Aufnahme in den Reichsfürstenrat nicht nur für sich und seine Nachkommen, sondern für alle männlichen Regenten des Hauses Liechtenstein durchzusetzen.
Diplomat in Rom
Im Schatten seines Vetters Fürst Johann Adam Andreas I. konnte Anton Florian I. vor allem als Diplomat im Dienst der Habsburger sein eigenes Profil entwickeln. 1689 ernannte ihn Kaiser Josef I. zum Geheimen Rat und entsandte ihn als ersten Vertreter, der nicht dem geistlichen Stand angehörte, zunächst in der Funktion eines Ausserordentlichen Gesandten an den päpstlichen Hof in Rom. 1691 wurde er zum Botschafter beim Quirinal, der damaligen Papstresidenz, ernannt.
Im Schatten seines Vetters Fürst Johann Adam Andreas I. konnte Anton Florian I. vor allem als Diplomat im Dienst der Habsburger sein eigenes Profil entwickeln.
Über seinen Amtsantritt sind wir durch einen Stich von Gomar Wouters (1649 od. 1658 – nach 1696) informiert, der das Prozedere der Auffahrt des Fürsten mit den aufwendigen, speziell für diesen Anlass gefertigten Kutschen vor dem Quirinalspalast zeigt. Das Aussehen der Kutschen wurde auf dieser Vedute und in einer im Auftrag des Fürsten 1694 gedruckten Publikation festgehalten, die von Giovanni Giacomo Komarek Boemo (1648–1706) in Rom verlegt wurde: Die „Breve descrizzione e disegni delle carrozze dell’Eccellentißimo Signore Antonio Floriano del S[acro].R[omano].I[imperio]. Prencipe di Liechtenstein e Nicolspurg“ zeigt uns die drei für diesen Anlass geschaffenen Kutschen jeweils in mehreren Ansichten. Diese Kutschen waren so schwer, dass Anton Florian I. an seinen Cousin in Wien schrieb, er möge ihm aus dem fürstlichen Gestüt in Eisgrub (Lednice) Pferde nach Rom schicken, die diese Kutschen ziehen könnten. Als Auswahlkriterien nannte er einerseits die farbliche Schönheit und die Wohlgestalt der Tiere, andererseits die Grösse sowie die Kraft, die zum Ziehen dieser Luxusgefährte notwendig seien. Der aufwendige Aufzug bewegte sich am 27. Dezember 1691 unter grosser Teilnahme der Bevölkerung durch die Strassen Roms zum Quirinal. Thematisch versuchten die Kutschen mit ihrem Dekorationsprogramm den zwar ersehnten, aber noch lange nicht definitiven Sieg des Kaiserhauses über die Osmanen zu verherrlichen: Jupiter durchbohrt mit seinem Blitz den Gegner. Rom sollte zudem auf die zur Überwindung der Gefahr aus dem Osten notwendigen hohen Finanzmittel eingeschworen werden, die das Heer in Wien dringend brauchte.
Aus Anton Florians I. Zeit in Rom stammt mit grosser Wahrscheinlichkeit auch ein monumentaler Prunkspiegel, der mit dem Auftrag der Prunkkarossen in Zusammenhang zu stehen scheint und aus der römischen Residenz Anton Florians I. stammen könnte. In den Fürstlichen Sammlungen galt er lange als zweitklassiges Stück des 19. Jahrhunderts, heute glänzt er nach seiner Restaurierung als Beispiel für die römische Ausstattungskunst dieser Zeit.
ANDREA POZZO KOMMT NACH WIEN
Anton Florian I. scheint sich in die römische Adelsgesellschaft integriert und Kontakte zu bedeutenden Künstlern geknüpft zu haben. Im Besonderen schätzte er Andrea Pozzo (1642–1709) und sein Schaffen. Dem Wunsch des Fürsten Johann Adam Andreas I. folgend gelang es Anton Florian I., den schon betagten Künstler dazu zu bewegen, die Decke des Festsaals im Wiener Gartenpalais mit einer Darstellung des olympischen Götterhimmels und den kanonischen Taten des Herkules malerisch auszustatten.
Im Besonderen schätzte der Fürst Andrea Pozzo und sein Schaffen.
Pozzo schuf damit das grösste barocke Deckenfresko in Wien, das aufgrund seiner Monumentalität gestalterisch unmittelbar an die Langhausfresken von Sant’Ignazio in Rom anschliesst. In einem Brief an den interessierten Fürsten erklärte der Maler die Bedeutung des Freskenprogramms so umfassend und genau, dass der böhmische Verleger Johann Jakob Komarek in Rom auf dieser Basis ein Flugblatt für alle kunstinteressierten Besucher druckte.
BAUTÄTIGKEITEN UND WERKE FÜR DIE FÜRSTLICHEN SAMMLUNGEN
Nach seiner Rückkehr an den Wiener Kaiserhof wurde der Fürst 1693 zum Leiter der Erziehung Erzherzog Karls bestellt. Karl war von seinem Vater Leopold I. als Thronerbe nach dem seit langem erwarteten Aussterben der spanischen Linie des Hauses Habsburg bestimmt worden. Der letzte spanische Habsburger, Karl II., erkannte ihn jedoch nicht an, sondern bestimmte Philipp von Anjou, den Enkel Ludwigs XIV. von Frankeich, zu seinem Nachfolger. Anton Florian I. begleitete Karl als Obersthofmeister und Erster Minister in den im Jahr 1701 ausbrechenden Spanischen Erbfolgekrieg und erhielt für seine dort geleisteten Dienste 1703 den Titel eines Granden von Spanien. Nach seiner Rückkehr nach Wien trat er als Staatsratsvorsitzender an die Spitze der Regierung.
Seine Bauvorhaben nahm der Fürst unmittelbar nach seinem Regierungsantritt 1712 in Angriff und setzte sie zügig um.
Auf die Reise nach Spanien wurde Anton Florian I. vom Architekten und Baumeister Anton Johann Ospel (1677–1756) begleitet, der dort wichtige Eindrücke sammeln konnte und nach seiner Rückkehr mit fürstlichen Aufträgen geradezu überhäuft wurde. Davon sollen nur die Umbauten der Schlösser in Feldsberg (Valtice) und Wilfersdorf (ab 1713), in Ebergassing (ab 1712/13) sowie in Hetzendorf (ab 1713) beziehungsweise die Reitschule (1713) und der Reitstall (1715–1718) in Feldsberg erwähnt werden. All diese Bauvorhaben nahm der Fürst unmittelbar nach seinem Regierungsantritt 1712 in Angriff und setzte sie zügig um.
So liegt im Fall Anton Florians I. der Schwerpunkt auf der Bautätigkeit, obwohl der Fürst auch Gemälde erworben beziehungsweise beauftragt hat. Von besonderem Interesse waren für ihn Pferdebilder: 1702 entstand Johann Georg von Hamiltons (1672–1737) Gemälde „Die Kaiserliche Reitschule in Wien“, das den Fürsten zusammen mit Erzherzog Karl zeigt. Beim selben Maler gab der Fürst weiters die monumentalen Porträts der Pferde seines Gestüts in Auftrag, auf denen die beeindruckenden Tiere in Lebensgrösse festgehalten sind.
Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Johann Adam Andreas I. konnte Fürst Anton Florian I. sein politisches Werk in der eigenen Linie weitergeben. Die Nachfolge war durch seinen Sohn Josef Johann Adam I. gesichert.