Fürst Alois I. von Liechtenstein
1759–1805

Eduard Ströhling (vor 1766 – um 1828/29), Porträt des Fürsten Alois I. von Liechtenstein (1759–1805), vor 1794

Vorgänger
Fürst Franz Josef I. von Liechtenstein
Nachfolger
Fürst Johann I. von LiechtensteinFürst Alois I. von Liechtenstein widmete sich vor allem wirtschaftlichen Reformen auf den Familiengütern und dem kulturellen Leben. Er hatte eine ausgeprägte Vorliebe für seine Bibliothek, die er durch den Ankauf ganzer Sammlungen erweiterte. Durch den Architekten Joseph Hardtmuth liess er das Majoratspalais in der Wiener Herrengasse völlig neu gestalten. Dort führte er in der monumentalen Bibliothek den gesamten Bestand an Büchern und Handschriften der Familie erstmals zusammen. In Eisgrub (Lednice) und Feldsberg (Valtice) setzte er die ersten Schritte zur Umwandlung der barocken Anlagen in einen weitläufigen Landschaftsgarten.
Alois I. wurde am 14. Mai 1759 als ältester Sohn von Franz Josef I. und seiner Gattin Leopoldine von Liechtenstein in Wien geboren. Seit dem 16. November 1783 war er mit Gräfin Karoline Felicitas zu Manderscheidt-Blankenheim (1768–1831) verheiratet. Die Ehe blieb kinderlos. Alois I. starb am 24. März 1805 in Wien.
Fürst Alois I. war einer jener Regierer des Hauses Liechtenstein, die sich Fürst Karl Eusebius’ I. Anweisungen, sich von Politik und Militär fernzuhalten, wohl am gründlichsten zu Herzen nahmen. Seine Interessen galten dem Ausbau der weitläufigen Güter, dem fast kompletten Neubau des Majoratshauses in der Herrengasse und schliesslich seinen Beiträgen zur Erweiterung der Sammlungen, vor allem in Bezug auf Bücher – ganze Bibliotheken wurden von ihm angekauft. Ebenso gross war sein Engagement für die Weiterentwicklung der Gemäldesammlung der Familie.
Moderne Gartengestaltung
Von grundsätzlicher Bedeutung war für Alois’ I. Wirken auch sein Interesse für die Landwirtschaft. Im Speziellen widmete er sich der grosszügigen Umgestaltung des Areals zwischen Eisgrub (Lednice) und Feldsberg (Valtice) im Mündungsgebiet der Thaya in die March zu einem weitläufigen Landschaftspark, der unter der Regentschaft seines Bruders und Nachfolgers, Fürst Johann I., seine endgültigen Dimensionen erreichen sollte.
Sein Expertenwissen auf diesem Gebiet erwarb Alois I. auf weiten Reisen und durch das Studium der neuesten Literatur. Die so gewonnenen Kenntnisse fanden ihren Niederschlag in der Modernisierung und Rationalisierung der fürstlichen Gutsbetriebe. Er führte neue Produktionsmethoden ein, experimentierte mit Zuchtergebnissen und liess aus wirtschaftlichen Erwägungen ebenso wie aus rein botanischem Interesse zahlreiche Nutz- und Zierpflanzen aus Übersee importieren.
Die Kenntnisse, die Alois I. auf weiten Reisen und durch das Studium der neuesten Literatur gewann, fanden ihren Niederschlag in der Modernisierung und Rationalisierung der fürstlichen Gutsbetriebe.
Diese Interessen schlugen sich auch in den Sammlungen nieder, in denen bis heute der „Hortus Botanicus“ verwahrt wird. Dabei handelt es sich um 14 ledergebundene Folianten mit Gouachen der aus Feldsberg stammenden Brüder Bauer (Josef Anton, Franz Andreas, Ferdinand Lukas), die darin die ihnen bekannte Welt heimischer und exotischer Pflanzen abbildeten.




Hortus Botanicus oder Liber regni vegetabilis, Pflanzen gesammelt von Norbert Boccius, Prior des Konvents der Barmherzigen Brüder in Feldsberg, Bd. IV
1779
Joseph Anton Bauer (1756–1831)
Ferdinand Lukas Bauer (1760–1826)
Franz Andreas Bauer (1758–1840)
Hortus Botanicus oder Liber regni vegetabilis, Pflanzen gesammelt von Norbert Boccius, Prior des Konvents der Barmherzigen Brüder in Feldsberg, Bd. II
1777
Joseph Anton Bauer (1756–1831)
Ferdinand Lukas Bauer (1760–1826)
Franz Andreas Bauer (1758–1840)
Hortus Botanicus oder Liber regni vegetabilis, Pflanzen gesammelt von Norbert Boccius, Prior des Konvents der Barmherzigen Brüder in Feldsberg, Bd. V
1780
Joseph Anton Bauer (1756–1831)
Ferdinand Lukas Bauer (1760–1826)
Franz Andreas Bauer (1758–1840)
NEUE GEBÄUDE FÜR STADT UND LAND
Die Parks waren ausserdem von einer Vielzahl von Bauten in unterschiedlichster Gestaltung durchsetzt. Die meisten von ihnen plante Joseph Hardtmuth (1758–1816), teilweise wurden sie von Josef Kornhäusel (1782–1860) fertiggestellt oder geplant. Durch diesen engen Zusammenklang von Architektur und umgebender Kulturlandschaft entstand ein höchst abwechslungsreiches Ambiente, wie es exemplarisch ist für das Verständnis von Kulturlandschaft am Ausgang des 18. Jahrhunderts.
Alois I. erneuerte weiters zahlreiche Patronatskirchen und Schlösser der Familie. Sein wichtigster Beitrag auf diesem Gebiet ist die Renovierung – genau genommen der Neubau – des Majoratshauses in der Wiener Herrengasse. Er beauftragte einen zeitgemässen Palast, in dessen Mitteltrakt die Pferdestallungen, die Reithalle und zuoberst die dreischiffige Bibliothek übereinanderlagen. Den Abschluss nach hinten bildete ein Kanzleitrakt, in dem die Verwaltungsräume konzentriert waren.







Schreibzimmer im Palais Liechtenstein an der Wiener Herrengasse
1837
Rudolf von Alt (1812–1905)
Schlafzimmer mit Blick in den Wintergarten im Palais Liechtenstein an der Wiener Herrengasse
1837
Rudolf von Alt (1812–1905)
Blick auf das Stadtpalais Liechtenstein in der Herrengasse
1912
Wilhelm J. Burger (1844–1920)
Totalansicht des Bibliothekssaales gegen den Eingang (Palais Liechtenstein in der Herrengasse, Wien)
1912
Wilhelm J. Burger (1844–1920)
Die Bibliothek war nach der Hofbibliothek die bedeutendste in Wien. In ihr führte der Fürst über 100.000 Bände zusammen, die vorher über die verschiedenen Schlösser verteilt gewesen waren. Leider überlebten diese Räumlichkeiten nicht. Die Möblierung und der Inhalt der Bibliothek wurden in den Jahren 1912 bis 1914 vor dem endgültigen Abbruch des Majoratshauses in die Herrenappartements im Erdgeschoss des Galeriegebäudes in der Rossau transferiert.
In der Bibliothek des Palais in der Herrengasse führte der Fürst über 100.000 Bände zusammen, die vorher über die verschiedenen Schlösser verteilt gewesen waren.
Nachdem in der Familie das Interesse an ihren berühmten Pferden geschwunden war, wurde in der Reithalle der Bösendorfer-Saal untergebracht, jene denkwürdige Stätte, von der das Wiener Publikum mit einem Konzert des Rosé-Quartetts 1913 wehmütig Abschied nahm – ein Ereignis, das Stefan Zweig in seinem Werk „Die Welt von Gestern“ eindrucksvoll beschrieben hat.
ERWEITERUNGEN UND ZUSAMMENFÜHRUNG DER SAMMLUNGEN
In den Salons des Majoratshauses in der Herrengasse hingen viele der Bilder von Mitgliedern seiner Familie, die der Fürst beauftragt hatte, allen voran die beiden monumentalen Idealporträts der Karoline von Liechtenstein (Gemahlin von Fürst Alois I.) als „Iris“ und von seiner Schwester Maria Josepha Hermenegilde Esterházy als „Ariadne auf Naxos“. Sie wurden bei Elisabeth Vigée-Lebrun (1755–1842) anlässlich ihres Aufenthalts in Wien 1793/94 in Auftrag gegeben.
Folgen wir dem Nachlassverzeichnis des Fürsten von 1805–1807, hatte er wohl die Bestände aus verschiedensten Ansitzen der Familie in der Majoratsgalerie in der Bankgasse vereinigt.
Weitere Zeitgenossen, die vom Fürsten Aufträge für Gemälde erhielten, waren Heinrich Friedrich Füger (1751–1818), Joseph Hickel (1736–1807) oder Francesco Casanova (1727–1802). 1803 besuchte der Fürst Antonio Canova (1757–1822) in Rom, der an mehreren für uns nicht mehr identifizierbaren Skulpturen für ihn arbeitete. Auch in die fürstliche Hauptgalerie im Palais in der Bankgasse griff Alois I. intensiv ein und liess in den Jahren 1799 und 1800 in seinen Augen minderwertige Werke entfernen. Von seinen eigenen Ankäufen hingen 306 Gemälde in der Galerie. Folgen wir dem Nachlassverzeichnis des Fürsten von 1805–1807, hatte er wohl die Bestände aus verschiedensten Ansitzen der Familie in der Majoratsgalerie in der Bankgasse vereinigt. Ab 1810 sollten sie dann im Gartenpalais in der Rossau, das als neues Galeriegebäude adaptiert wurde, für das Publikum zugänglich werden.





Porträt der Fürstin Karoline von Liechtenstein (1768–1831), geb. Gräfin von Manderscheidt-Blankenheim, als Iris
1793
Elisabeth Vigée-Lebrun (1755–1842)
Porträt der Fürstin Maria Josepha Hermenegilde von Esterházy (1768–1845), geborene Liechtenstein, als Ariadne auf Naxos
1793
Elisabeth Vigée-Lebrun (1755–1842)
Porträt des Fürsten Alois I. von Liechtenstein (1759–1805)
1796
Joseph Hickel (1736–1807)
Ein besonders enges Verhältnis entwickelte Alois I. nicht nur zu Büchern, sondern auch zu Grafiken, von denen er Tausende erwarb und zum Teil auch beauftragte. Den Stich der Römischen Ruine in Schönbrunn hatten Laurenz Janscha (1749–1812) und Johann Ziegler (1749–1802) 1785 dem Fürsten gewidmet.
Das Bild eines kulturell allseits interessierten Fürsten rundet Alois’ I. Engagement für Theater und Musik ab. Er erneuerte das Schlosstheater in Feldsberg, verpflichtete eine Theatertruppe und stellte eine Hauskapelle (die „Fürstliche Harmoniemusik“) fest an, deren Noten sich in den Beständen der Österreichischen Nationalbibliothek erhalten haben und jüngst ediert wurden.
Das Bild eines kulturell allseits interessierten Fürsten rundet Alois’ I. Engagement für Theater und Musik ab.
OBJEKTE DER FÜRSTLICHEN SAMMLUNGEN erworben durch